#Sachbuch

»Ich denke ja gar nichts, ich sage es ja nur.«

Nicole Streitler-Kastberger, Martin Vejvar (Hg.)

// Rezension von Kurt Bartsch

Die vorliegende Publikation erschien 2018 als „Begleitbuch“ (S. 272) an Stelle eines Katalogs zu der Ödön von Horváth gewidmeten, von Nicole Streitler-Kastberger und Martin Vejvar kuratierten, von Peter Karlhuber überzeugend spektakulär gestalteten Ausstellung im Wiener Theatermuseum.

Der Band präsentiert umfangreiches Anschauungsmaterial von hoher Attraktivität: Zahlreiche Porträtfotos des 1901 geborenen Autors aus dem Zeitraum von 1904 bis ins Todesjahr 1938, Abbildungen von Programmheften, den historischen Kontext illustrierende Dokumente sowie – aufführungsgeschichtlich erhellend – Fotos von diversen Inszenierungen und Bühnenbildern. Besonders bemerkenswert sind acht von Caspar Nehers „Bühnenbildentwürfen zur Leipziger Uraufführung von Kasimir und Karoline“ aus dem Jahr 1932 und im Kontrast dazu etwa ein „Bühnenfoto aus Kasimir und Karoline“ in der Hamburger Inszenierung Christoph Marthalers von 1997. Hervorhebenswert sind auch zahlreiche faksimilierte hand- und maschinschriftliche Textzeugen Horváths mit und ohne Korrekturen. Der Band bietet des Weiteren vier Horváth und sein Werk betreffende Beiträge der zeitgenössischen Autorinnen und Autoren Peter Turrini, Fiston Mwanza Mujila, Ferdinand Schmalz, Gerhild Steinbuch sowie 16 literatur- und theaterwissenschaftliche Aufsätze. Deren zentrales Erkenntnisinteresse gilt vorrangig, aber keineswegs ausschließlich dem im Untertitel angesprochenen Zusammenhang von „Erotik, Ökonomie und Politik“ in den Volksstücken Italienische Nacht, Geschichten aus dem Wiener Wald und Kasimir und Karoline, mithin in jenen drei Dramen, die 1931/32 mit großem Erfolg uraufgeführt wurden, den nachhaltigen Ruhm des Autors begründet haben und deren Aktualität durch die gegenständliche Ausstellung und ihr Begleitbuch bestätigt wird.

Es ist kein leichtes Unterfangen, der von der Literaturwissenschaft zurecht erkannten Komplexität der drei genannten Volksstücke in einer Ausstellung gerecht zu werden. Deren Texturen sind durchaus verschieden, was sich schon oberflächlich an den diversen dramaturgischen Konzeptionen erweist, der Gliederung der Handlung in 7 Bilder (Italienische Nacht), in 3 Akte (Geschichten aus dem Wiener Wald) beziehungsweise in 117 Kürzestszenen (Kasimir und Karoline). Gleichwohl – und das demonstriert die Ausstellung nachdrücklich – lässt sich auch Verbindendes erkennen, eben jenen im schon genannten Untertitel angesprochenen Zusammenhang. Alle drei Dramen thematisieren in ausdrucksstarken Bildern das Zerstörerische in den zwischenmenschlichen Verkehrsformen, in der Ausstellung augenscheinlich in den Verwüstungen eines Wirtshaussaals nach einer politisch motivierten Schlacht zwischen Sozialdemokraten und Faschisten, am eindrucksvollsten aber erfasst mit dem Blick hinter die Fassade der Gutkleinbürgerlichkeit, dem Blick in die Fleischhauerei Oskars. Diese ist der Schauplatz, auf dem die Ware Frau verhandelt, Marianne vom Vater verschachert und von Oskar gewissermaßen „geschlachtet“ wird, insofern sie dessen „Liebe“ „nicht entgehn“ kann. Was sich „Liebe“ nennt, wird durch die Ökonomisierung der Beziehungen bestimmt und steht bei Horváth als Synonym für mehr oder weniger manifeste Brutalität, für Strafe, Rache, Tod, Ausbeutung, Vereinsamung. Im Vorwort zum Begleitbuch verweisen Streitler-Kastberger und Vejvar auf eine kurze, nichtsdestoweniger bezeichnende Textstelle aus einem Gespräch zwischen Marianne und Alfred in den Geschichten aus dem Wiener Wald, die die angesprochene Ökonomisierung und deren Folgen thematisiert, das Misslingen des Dialogs zwischen Marianne und Alfred, deren Zufluchtsuchen im entindividualisierten Sprachgebrauch, dem von Horváth sogenannten „Bildungsjargon“. Zurecht wird darin die strukturbildende „fundamentale Problematik“ (S. 7) erkannt.

Die „Aktualität“ von Horváths Dramen wurde kurz angesprochen. Wolfgang Müller-Funk widmet sich ihr sehr differenziert, indem er sie unter Stichworte[n] zur gesellschaftspolitischen Aktualität von Horváths Volksstücken befragt. An erster Stelle als „Stichwort“ genannt wird die „Empathie“ (S. 15f.), mit der der Dramatiker so gut wie allen seinen Figuren, insbesondere den Fräuleingestalten bei gleichzeitig scheinbar unbeteiligt beobachtender Distanz begegnet. Dieser empathische wie distanzierte Blick auf seine Dramenfiguren kann als ein wesentliches Markenzeichen der Texte Horváths gelten. Dies wird, wie unter dem Stichwort „Ambivalenz“ (S. 17-19) ausgeführt, auch unterstrichen durch die skeptische politische Haltung des Autors (Empathie selbst für Faschisten bei eben entschiedener Distanzierung). Weitere „Stichworte“ der Ausführungen Müller-Funks betreffen die „Fremdheit“ (S. 19-21) „marginalisierter Menschen“ (S. 19), „Mittlere Räume“ (S. 21-23), „Inflation, Globalisierung und Wirtschaftskrise“ (S. 25f.), „Neue Sachlichkeit: Schieber und Projektemacher“ (S. 26-29), deren Fazit in die Feststellung mündet, dass sogar „der unangenehmsten Figur“ bei Horváth „ein Restbestand von Empathie zuteil“ (S. 29) werde.

Dieter Hildebrandt hat in seiner „rowohlt monographie“ über Horváth (1975) pointiert gemeint, der Autor habe sich in Berlin den „bösen Blick“ (S. 63) angeeignet und in der vermeintlich heilen oberbayrischen Provinz erprobt, vor allem, so Gabi Rudnicki in ihrem Beitrag „Wo bleibt mein Bier?“ Aus der Murnauer Wirtshauswelt in die Weltliteratur, eben im speziellen Biotop Wirtshaus. Dieses bot Horváth die Möglichkeit der Beobachtung eines Querschnitts durch alle sozialen Schichten. Rudnicki verweist auf die Bedeutung des für die Figuren und ihre Beziehungen relevanten Beobachtungsortes nicht nur in der im Wirtshaus angesiedelten Italienischen Nacht, sondern auch in zahlreichen anderen dramatischen Werken von der Komödie Zur schönen Aussicht bis zum Schauspiel Der jüngste Tag, aber auch im Roman Der ewige Spießer und in erzählender Kurzprosa.

Zentral im Hinblick auf das Generalthema des Begleitbuchs sind die Beiträge von Julia Bertschik und Rosemarie Brucher. Jene, inspiriert u. a. von der 2016 erschienenen Studie des Soziologen Otto Penz und der Politikwissenschaftlerin Birgit Sauer über Affektives Kapital. Die Ökonomisierung der Gefühle im Arbeitsleben, spürt der Vernetzung von Erotik, Geschlecht und Politik bei Ödön von Horváth nach. Am offensichtlichsten zeigt sich die „Instrumentalisierung“ von Erotik für ökonomische und politische Interessen in der Italienischem Nacht, sie ist aber – so könnte man pointiert sagen – allgegenwärtig in Horváths Werk. Bertschik verweist beispielsweise auf Erich in den Geschichten aus dem Wiener Wald, der sich prostituiert und so der „Lächerlichkeit“ (S. 153) preisgibt.

Brucher (vom Zentrum für Genderforschung der Kunstuniversität Graz) fragt nach Geschlecht und Differenz, nach Othering-Prozessen bei Ödön von Horváth. Nicht so sehr interessiert sie sich für die gängige Thematisierung der Fräuleingestalten als Opfer patriarchalischer Verhältnisse als vielmehr dem „gender crossing„, der „Umkehrung traditioneller Geschlechterrollen“ (S. 162). So u.a. in der Komödie Zur schönen Aussicht, in der nicht nur die alternde, sehr männlich agierende Ada, dank ihres Reichtums in der Lage ist, ihren Liebeshunger zu stillen, sondern auch Christine, die ebenfalls dank unverhoffter finanzieller Unabhängigkeit die Opferrolle zu durchbrechen vermag. Speziell interessant findet Brucher „jene Stellen“ im Werk Horváths, „wo die Konstruktion der Frau als das Andere sich ins Monströse auswächst“ (S. 164).

Klaus Kastberger, langjähriger Betreuer des Nachlasses von Horváth am Österreichischen Literaturarchiv der Nationalbibliothek in Wien und Herausgeber der historisch-kritischen sogenannten Wiener Ausgabe sämtlicher Werke, befasst sich in seinen Ausführungen über Frauen in Schachteln und Schleifen mit der „Ökonomie der Geschlechter in Geschichten aus dem Wiener Wald und Kasimir und Karoline„. In letztgenanntem Stück erweist sich die „Schleife“, die der Zeppelin über dem Münchner Oktoberfest zieht, als „Bewegungsmodell“ (S. 178). Die Schleife des Zeppelins setzt das Geschehen des Stücks in Gang. Kastberger beobachtet in Kasimir und Karoline insgesamt vier Schleifen wie die „ökonomische[n] Kreisbewegungen“ (ebda), vor allem aber das Gefangensein Karolines in diesen Schleifen mit trügerischem, transitorischem Gefühl der Befreiung. Als Gefangene, in diesem Falle im kleinbürgerlichen Familiengefängnis, erscheint auch Marianne in Geschichten aus dem Wiener Wald. Soziologisch, Ferdinand Törries folgend, kann die Differenz zwischen den beiden Volksstücken darin gesehen werden, dass sich die Handlung des letztgenannten innerhalb einer abgegrenzten „Gemeinschaft“ von Familie und näherem Umfeld abspielt, das erstgenannte sich hingegen als scheiternder Versuch erweist, gegen die „Spielregeln der kapitalistischen Gesellschaft“ (S. 184) einer Gemeinschaft zuzugehören.

Roland Innerhofer geht in seinen Ausführungen über Horváth und die ökonomische Kritik (Kracauer, Simmel, Weber) zurecht davon aus, dass sich der Autor wohl kaum mit der ökonomischen Theorie seiner Zeitgenossen auseinandergesetzt hat, dass ihn gleichwohl eine sehr präzise einschlägige „Erkenntnisleistung“ (S. 189) auszeichnet, wie sich im Vergleich mit den Schriften der genannten Theoretiker erweist. Innerhofer konstatiert bei Horváth wie Siegfried Kracauer die „Allgegenwart der Verblendung […] des Mittelstands“ (S. 191), mit Max Weber verbindet den Autor hingegen die Auffassung von der Durchlässigkeit der „sozialen Klassen“ (S. 194). Bei Horváths Figuren spielt der Widerspruch von „Standesbewusstsein“ und der „ökonomischen Situation“ (S. 195) eine große Rolle, wie beispielhaft an der Komödie Zur schönen Aussicht oder am Volksstück Geschichten aus dem Wiener Wald erkennbar. An der Komödie, in der unerwarteter Geldsegen als Hilfe des „lieben Gottes“ verstanden wird, erweist sich eine gewisse Nähe zu Georg Simmels Überlegungen über Geld, das dem Soziologen als „Ersatzreligion“ (S. 196) gilt.

Innerhofers Beitrag und Norbert Christian Wolfs Der Dramatiker Horváth als Soziologe ergänzen einander insofern, als Letztgenannter ebenfalls die soziologische Erkenntnisleistung des Autors im Lichte zeitgenössischer soziologischer Theorien würdigt, namentlich u.a. wiederum Kracauers Angestellten-Studie. In Horváths Fragment Der Mittelstand sieht Wolf eine geradezu systematische, „regelrechte Sozialstudie“ (S. 201), in der sich die Frage stellt, „ob der Mensch ein Produkt seiner Umgebung ist, ob die Menschen, materialistisch bedingt sind oder idealistisch bedingt sind“ (Der Mittelstand zit. nach Wolf, S. 202). Wie Bertolt Brecht, allerdings ohne marxistische Heilsversprechen, betont Horváth die Bedeutung der ökonomischen Verhältnisse für den einzelnen. Den zentralen, die Menschen prägenden wirtschaftlichen Problemen der Zeit, der Arbeitslosigkeit und der Inflation, spürt Wolf in Kasimir und Karoline beziehungsweise in Don Juan kommt aus dem Krieg nach.

Die Aktualität der Migrationsproblematik ist unbestritten. Nicole Streitler-Kastberger widmet sich in ihrem Beitrag Hin und her – Migration bei Horváth den eigenen Lebenserfahrungen des Autors, die in unterschiedlichsten Texten wie Sladek: oder Die schwarze Armee, Geschichten aus dem Wiener Wald, Hin und her oder Adieu, Europa! ihren Niederschlag finden. Seit 1935 ist er „Migrant“, führt ein nomadenhaftes Leben. Streitler-Kastberger betont, dass „von einem spezifischen Narrativ der Migration gesprochen werden kann“ (S. 223). Das verfolgt sie in den genannten und anderen Werken Horváths.

Zurecht fordert Stefan Neuhaus in seinen Ausführungen über Politisches Schreiben bei Horváth „den Primat des Ästhetischen“ (S. 133), des Formalen und der sprachlichen Innovation gegenüber den politischen Inhalten. Horváth attestiert er ein hohes Maß an eben sprachlicher Innovation, deren der Autor gerühmt wird, als auch an Ausrichtung auf „außerliterarische Wirkung“ (S. 134), sind die literarischen Figuren doch im historischen Kontext von den Folgen des Ersten Weltkriegs, der von antidemokratischen Bewegungen gefährdeten Weimarer Republik, der Inflation etc. verortet.

Wie der Untertitel des Beitrags Fassade, Messer, Eisberg. Zu Sprache und Textgenese von Ödön von Horváth von Martin Vejvar verrät, richtet sich dessen Interesse einerseits auch auf die Arbeit des Autors an der Sprache, und zwar auf die zentrale, spürbares „Unbehagen“ evozierende Problematik des „Unvermögen[s]“ situationsbedingt „passende Worte“ (S. 118) zu finden. Andererseits erlaubt Vejvar, dank seiner Mitherausgeberschaft bei der Kritischen Horváth-Ausgabe kompetent in Sachen Textgenese, einen aufschlussreichen Blick in die Werkstatt Horváths: Textgenetisch gesehen arbeitet der Autor mit Montagen, mit „Weglassungen, Umstellungen und punktuellen Wechseln in der Wortwahl“ (S. 123), um die von ihm angestrebte „Demaskierung des Bewusstseins“ mittels Sprache, dem von ihm sogenannten „Bildungsjargon“ zu erreichen.

Vejvars Ausführungen gehören zu jenen im vorliegenden Begleitbuch, die den im Untertitel genannten Zusammenhängen weniger oder kaum ihr Augenmerk schenken, vielmehr nicht weniger wichtigen Themen, wie Fragen der Dramaturgie, der Verfahrensweise, der Inszenierung etc. So befasst sich Christopher Balme mit Horváths Theorie des Theaters. Bekanntlich hat der Autor, anders als Bertolt Brecht, nicht gerade ein ausgeklügeltes theoretisches Konzept entworfen, an die von ihm angebotenen Stichworte „Demaskierung des Bewusstseins“ und „Bildungsjargon“ lässt sich nichtsdestoweniger anknüpfen. Das demaskierende Verfahren versteht Balme anders u. a. als der Horváths Gebrauchsanweisung folgende Erwin Rotermund (1972) eher „als mediales denn psychoanalytisches Phänomen“ (S. 38) und in der Nähe der Auffassung der Kritischen Theorie von kulturindustriell „verdorben[em]“ Bewusstsein. Im „Bildungsjargon“ erkennt er mit Hellmuth Himmel (1981) den Verlust des „Zusammenhang[s] von Sprache und Erfahrung“ (S. 44). Außerdem nehme Balme Aspekte des Postdramatischen in den Volksstücken vorweg.

Marion Linhardt beobachtet in ihrem Beitrag über Auswege ins Glück. Ödön von Horváth und die Revueästhetik der Weimarer Republik bei dem Dramatiker vordergründig gegeben zwei „Textinszenierungsverfahren“ (S. 52), zum einen das Bemühen um eine Erneuerung des Volksstückgenres, dessen Gelingen aufgrund der sozialen Verhältnisse bezweifelbar ist, da Horváth sein Volk, das Kleinbürgertum, nicht zu erreichen vermag, kann dieses sich doch Theaterbesuche schlichtweg nicht leisten. Zum anderen ist den Dramen die Auseinandersetzung mit der zeitgenössisch aktuellen Revue- und Filmästhetik eingeschrieben, zugleich mit Horváths „sozial- wie sprachanalytische[r] Stringenz“ sowie der „brutale[n] Unausweichlichkeit seiner Plots“ (S. 54) in Widerspruch dazu.

Unter dem Titel Horváths Theaterstücke als szenische Kunst der Gegenwart setzt sich die Theaterwissenschaftlerin Monika Meister mit der großen Bandbreite der Realisierungen auf der Bühne, und zwar auf allen Ebenen, der verbalen und nonverbalen dramatischen Informationsvergabe auseinander. Ausführlich widmet sie sich richtungsweisenden Inszenierungen von Christoph Marthaler, der den „Text als Partitur“ versteht und dessen „poetische[r] Kraft“ (S. 70) vertraut, Dimiter Gottscheff, dessen „postepisches Theater“ (ebda) die „Körperarbeit der Schauspieler“ (S. 72) betont, sowie Frank Castorf. Dessen Münchner Kasimir und Karoline-Inszenierung von 2011 zeichnet sich unter anderem aus durch das „szenische Fort- und Weiterschreiben am Text Horváths“ durch Einbezug von poetischem Fremdmaterial, um so an die Dramengestalten „näher, härter“ heranzu-„reichen“ (S. 74). Castorf generiert „lustvolles Anti-Repräsentationstheater“ (S. 75).

Offensichtlich ist Musik in Ödön von Horváths Theaterstücken von besonderer Bedeutung. Annette Kappeler betont die Wichtigkeit der musikalischen Unterstreichung von Bewegung im Raum und spricht in Anlehnung an Hajo Kurzenberger (1974), der in phrasenhaften Versatzstücken „verbale Widerhaken“ (zit. nach S. 88) mit epischer Wirkung erkennt, von Musikeinlagen als „akustische[n] Widerhaken“ (S. 87).

„Computerunterstützte Verfahren“ (S. 93) wendet Helmut Neundlinger in seinem Beitrag über Schichten aus dem Wiener Wald zur Erstellung einer „Netzwerkanalyse“ an. Fragt sich, ob eine Computerunterstützung notwendig ist, um zu erkennen, dass diejenige Person, die „über die (meisten) Beziehungen verfügt, […] auch im Zentrum des Geschehens [steht]“ (S. 95). Der Visualisierung beispielsweise der „Sprechintentionen in Geschichten aus dem Wiener Wald (Gesamtfassung in sieben Bildern)“ (S. 94, Abb. 15) verwirrt eher, als dass sie erkenntnisfördernd wirkte, entbehrt allerdings nicht ästhetischer Attraktivität.

„Attraktivität“ als Stichwort. Das Begleitbuch zur Wiener Horváth-Ausstellung von 2018/19, zwar fokussiert auf die drei genannten Volksstücke, besticht gleichwohl durch Vielseitigkeit und Anschaulichkeit. Es ist reizvoll darin zu blättern und sich dem reichhaltigen Bildmaterial zu widmen, es lädt aber auch dazu ein, sich durch die Essays zu einer weiteren intensiven Beschäftigung mit dem Oeuvre Horváths anregen zu lassen.

Nicole Streitler-Kastberger, Martin Vejvar (Hg.) »Ich denke ja gar nichts, ich sage es ja nur.«
Ödön von Horváth. Erotik, Ökonomie und Politik.
Salzburg, Wien: Jung und Jung; Theatermuseum Wien 2018.
272 S.; geb.; m.Abb.
ISBN 978-3-99027-220-6.

Rezension vom 17.08.2019

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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