Bereits mit sechzehn Jahren zeichnete er für sozialdemokratische Zeitungen, besuchte nach der Matura die Kunstgewerbeschule, wurde Zeichner und Umbruchredakteur des „Sonntag“, für den er auch gemeinsam mit Jura Soyfer Text-Bild-Reportagen gestaltete. Spira entwarf auch die Bühnenbilder für die Soyfer-Uraufführungen. Spätestens hier begegnet dem Leser das „ridiculum vitae“ – das Lächerliche/die Lächerlichkeit des Lebens – in seiner Vieldeutigkeit: Bis in die achtziger Jahre war Spira wie selbstverständlich davon ausgegangen, daß Soyfer Sozialdemokrat gewesen sei. „Ich glaube, Jura nahm mich nicht ernst. Das war wohl der Grund, warum wir kaum je über Politik sprachen.“ (S. 50) 1938 kam Spira in Gestapo-Haft, floh im August desselben Jahres nach Frankreich, wo er den falschen und sprechenden Namen Bill Freier annahm, schon bald für eine französische humoristische Zeitschrift zeichnete und mit Friedrich Torberg für die Exilzeitschrift „Österreichische Post“ zusammenarbeitete. 1939 wurde Spira als „feindlicher Ausländer“ interniert, floh 1940 nach Marseille, wo er Urkunden für das „Emergency Rescue Committee“ fälschte, wurde 1941 verhaftet, ans Deutsche Reich ausgeliefert und in verschiedene Konzentrationslager, zuletzt Buchenwald und Theresienstadt deportiert. Nach Kriegsende kehrte Spira nach Paris zurück und arbeitete bis zu seiner Pensionierung wiederum als Cartoonist und Umbruchredakteur.
Im Nachwort aus dem Jahr 1997 berichtet Spira von einem Brief eines ehemaligen Mitschülers der Kunstgewerbeschule in Wien, in dem dieser von seiner Betroffenheit schreibt, daß „zwei unserer besten – Willy Spira und Erich Schmidt“ im Zuge des Krieges umgekommen seien. Spira dazu: „Ich bin über meinen Verlust und die Ergriffenheit meiner Kollegen erschüttert. Über das Verschwinden Schmidts kann ich beim besten Willen nicht traurig sein, denn Jahre nach dem Krieg ist er mir in Paris lebendig begegnet …“ (S. 249f.)
Spira ist stets bemüht, dem Leben, seinem Curriculum vitae nicht mit allzuviel Ernsthaftigkeit zu begegnen. Was Spira über seine Zeit als Mittelschüler schreibt: „Ich fand den sogenannten Ernst des Lebens komisch. Folglich hatte ich viel zu lachen“ (S. 11f.), scheint er sich bis heute bewahrt zu haben. Auch in diesem Sinne ist der ursprüngliche Titel „Ridiculum vitae“ zu lesen. In Anbetracht der beschriebenen und so ja auch geschehenen Greuel des Exils, des Krieges, der Konzentrationslager zeigt dieses Lachen allerdings auch seine gefühlsarme Seite, die für den Leser mitunter schmerzhaft und in seiner oberflächlichen Qualität schwer nachzuvollziehen ist. So fehlt auch den Begegnungen mit Joseph Roth in Paris jegliche Bereitschaft, die Tragik wahrzunehmen, wie wir sie aus zahlreichen Berichten derer kennen, die wie Spira an Roths Stammtisch im Café verkehrten, und die Roths Capricen und den sich rapide verschlechternden Gesundheitszustand des Dichters – „Roth beging langsamen Selbstmord, trank sich mählich zu Tode, inmitten der Bewunderer und Kollegen“ (Klaus Mann) – sehr wohl zur Kenntnis nahmen. Den Schilderungen aus den Internierungs- und Konzentrationslagern stehen hier immerhin einige Zeichnungen gegenüber, die eine deutlichere, tiefere Sprache sprechen als der Text. Aber schließlich handelt es sich ja um die „Legende“ des Zeichners, der mit seiner programmatischen Oberflächlichkeit offensichtlich eine ausgezeichnete Möglichkeit fand, auch das Schlimmste zu überstehen. So gesehen hat Bil Spira mit seiner Autobiografie der Literatur des Exils eine andere, seltene Perspektive beigesteuert. Spiras erster Brief nach Kriegsende an die Schweizer humoristische Zeitschrift „Der Nebelspalter“ lautet: „Lieber Nebelspalter, bitte entschuldige die lange Pause in meiner Mitarbeit. Ich war deportiert. Hier bin ich wieder und sende in der Beilage mein erstes Blatt seit der tausendjährigen Unterbrechung.“ (S. 169)