Pichler stellt diese subjektive Sicht der Dinge von Anfang an klar, das macht das Unterfangen vorerst sympathisch. Auch der an privaten Details interessierte Leser (und wer ist bei einer Biografie frei von solchen Gelüsten?) kommt auf seine Rechnung, so erfährt man bereits im Vorwort alles über die – angeblich nicht restlos geklärten – Umstände des Ablebens Waggerls. Doch zusehends wird Pichlers „Subjektivität“ zur Crux der Arbeit: einer der zahlreichen „antigermanistischen“ Vorwürfe richtet sich gegen die Meinung, Waggerl sei unter ärmlichsten Verhältnissen aufgewachsen, Pichler verunglimpft das als „Innerhofer-Effekt“; Pichler selbst setzt dann allerdings Waggerls bescheidene materielle Verhältnisse immer wieder argumentativ ein. Er spricht enervierend oft von „Söhnen aus gutem Haus“ (u. a. vom „Tantiemen-Millionär Berthold [sic] Brecht“), die vielleicht als die besseren Schriftsteller angesehen würden, es aber auch viel leichter gehabt hätten als der Außenseiter Waggerl; dieser hätte sich etwa eine Emigration gar nicht leisten können. Parallel zu dieser stehenden Wendung bezeichnet Pichler seinen Autor häufig messianisch als „Sohn eines Zimmermannes“.
Es sind die über das ganze Buch verstreuten problematischen Passagen, die das an und für sich redliche Unterfangen untergraben. Da wird etwa klar, daß Pichler Homosexualität als Vorwurf sieht, indem er auf Parallelen zwischen Waggerl und H. C. Andersen hinweist und sogleich anfügt, niemand könne Waggerl „vor- bzw. nachwerfen“, er sei ebenso wie Andersen homosexuell.
Da liest man die Meinung, die Verbrechen der sowjetischen Besatzungssoldaten nach 1945 seien ein „Terror, der den Nazigreueln zumindest ebenbürtig war“, gewesen. Und da stehen Entgleisungen wie die folgende: über die Loyalität von Waggerls Verleger Kippenberg, der wie eine Art Ersatzvater zu seinem Autor stand, schreibt Pichler, dieser „glaubte an ihn wie etwa Fürst Lobkowitz weiland an seinen Hausneger.“
Vielleicht sollte man zum hundertsten Geburtstag anstatt Biografien besser Waggerl selbst lesen – er war nicht nur der „Idylliker“, als der er immer noch gilt.