Mit Sichtungen liegt das erste Jahrbuch des Österreichischen Literaturarchivs vor, durch Berichte über die eigenen Bestände, die Forschungsprojekte, Ausstellungen etc., durch Beiträge über methodische Fragen, über andere Archive und Rezensionen einschlägiger Publikationen der letzten Jahre soll die Absichtserklärung, Forschungsstätte, Koordinations- und Informationsstelle zu sein, eingelöst werden.
Bereits die Präsentation der eigenen Bestände spiegelt ein offensives Selbstverständnis wider, indem z. B. deutlich wird, daß bereits zu Lebzeiten von Autoren Sammlungen aufgebaut werden (so befinden sich heute Materialien von Peter Henisch, Julian Schutting, Gerhard Roth, Ferdinand Schmatz u. a. im Literaturarchiv) – oder durch die wissenschaftliche Aufarbeitung von Widmungen in Büchern und bisher unveröffentlichten Briefen, wodurch dieser sensible, gesellschaftsgebundene Teil der Literaturgeschichte den ihm zustehenden Wert und weiterführende Bedeutung erhält.
Die Gespräche zum Thema Region als Schwerpunkt eines Archivs oder Verlags und auch die Mitteilungen aus anderen Archiven sind leider nicht immer so anregend und informativ wie es der Sache angemessen ware. Aber vielleicht ist hier ein offenes Klima erst noch zu schaffen, in dem die eigene Bedeutung im regionalen und internationalen Spannungsfeld definiert, in dem Aufgaben, Ziele, Sammlungspolitik im Vergleich und Zusammenhang mit anderen Institutionen diskutiert werden kann. Mit dem „Internationalen Jahrbuch“ des Literaturarchivs ist ein Schritt in Richtung Debatte und Kooperation getan, nicht zuletzt dadurch, daß es das eigene Selbstverständnis offenlegt und damit auch zur Diskussion stellt: dem Archiv geht es nicht um das Anhäufen und Bewahren eifersüchtig gehüteter Schätze, sondern um die aktive Teilnahme am Kulturgeschehen, wie es die hier dokumentierten Veranstaltungen und Publikationen rund um die Ausstellung zu Peter Hammerschlag ebenso zeigen wie die Berichte über Forschungsprojekte des Archivs, die sich den Möglichkeiten österreichweiter und internationaler Vernetzung widmen.