#Lyrik
#Prosa

Das Glück
zwischendurch

Franz Weinzettl

// Rezension von Peter Landerl

Die alte Angst / zu dumm zu sein / fürs Glück. Paradigmatisch steht dieser Vers aus dem 1982 in den manuskripten veröffentlichten Gedicht Manchmal für das neue, in der Edition Korrespondenzen erschienene Buch von Franz Weinzettl. Es sammelt, vorwiegend chronologisch geordnet, veröffentlichte und unveröffentlichte Texte, Prosa und Lyrik, Entwürfe zu größeren Erzählungen und kleine Studien aus dem bisherigen Schaffen des Autors. Der thematische Bogen spannt sich dabei von einem einfühlsamen Text über Jochen Rindt, 1979 in der Neuen Kronen Zeitung erschienen, über bisher unveröffentlichte Lyrik zu dem amüsanten Hörfunktext Wer ich nicht bin, einem lockeren Spiel mit Identitäten.

Die Suche nach Glück ist das entscheidende movens der Figuren der frühen, in den manuskripten veröffentlichten Erzählungen „Kreuzer“, „Angst“ und „Die Verengung“. Ortlose Wanderer, Zweifler, auf denen das Schwere lastet, die zu kraftlos sind, um dem Dasein den Kampf ansagen zu können. Resigniert geben sie klein bei: anstatt alles kurz und klein zu schlagen, / die Stirn einmal auf die Tischplatte fallen lassen, / als ob man so etwas zurechtrütteln könnte.

Es sind Spurensucher, die innehalten, um in der Intensivierung des Gegenwärtigen Momente des Glücks aufzuspüren, was nur selten gelingt: zu verstellt bietet sich ihnen das Leben. Einzig die Natur, das Land scheint ihnen Halt zu geben und Reflexion zu ermöglichen.

Das Sistieren auf einer positiv gezeichneten Natur hat Weinzettl oft den Vorwurf eingebracht, ein konservativer, unzeitgemäßer Erzähler zu sein. Doch seine Versuche des Beharrens, des vor- und umsichtigen Auslotens des Peripheren sind gerade heute von einer erfrischenden Aktualität – in einer Zeit, in der die Literatur sich oft im Symbolhaften, Flüchtigen, Konstruierten verliert und im Spektakulären gefällt. Weinzettls nüchterne, schlichte Literatur hat sich im Kleinen, Unscheinbaren gefunden. Daß er deshalb selten gehört wird und zu den „Stillen“ im Lande zählt, ist schade.

Weinzettls Aufmerksamkeit gehört dem Land, die Stadt ist seinen Figuren zu eng: Er stellte sich kurz vor, in der Stadt zu sein, und es bedeutete für ihn sofort, in bestimmten Bahnen zu gleiten. Exemplarisch für die behutsame Annäherung an das Leben auf dem Land stehen die beiden Texte „Der Kostgeher“ und „Besuche auf dem Land“, zwei Anläufe zu einer Erzählung, die zu schreiben dem Autor gelegentlich immer noch vorschwebt, wie es in der editorischen Notiz heißt.

Sind die frühen Erzählungen von Versagensangst und Verlorensein durchdrungen, so öffnen die jüngeren Texte dem Leser überraschende Einblicke in das Leben des Autors und seine Heimat, die Steiermark: Auf dem Land: die Arbeit – das Lesen, Schreiben, Lernen; in Graz: der Müßiggang – eine Art tagelanges Weggehen am Abend. Über Graz schreiben: Schreiben überhaupt: so wie als Kind das Bauen im Sand; der Traum, zu einem anderen Leben durchzudringen.

Es ist der Qualität der einzelnen Texte anzurechnen, daß das sorgfältig edierte Buch ob der unterschiedlichen Sujets nicht zerfällt, sondern sich zu einem organischen Ganzen fügt, daß es die verschiedenen Facetten des Schreibens aufzeigt, ohne unverbindlich zu bleiben. Das Glück zwischendurch ist als Einstieg in die Lektüre von Weinzettl empfehlenswert, bietet zugleich aber auch dem Kenner interessante Einblicke.

Das Glück zwischendurch.
Prosa und Verse.
Wien: Edition Korrespondenzen, 2001.
136 Seiten, gebunden.
ISBN 3-902113-06-5.

Verlagsseite mit Informationen über Buch und Autor

Rezension vom 09.07.2001

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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