Es sollen damit AutorInnen, die nach Österreich zugewandert sind, unterstützt werden und die Möglichkeit erhalten, ihre literarischen Texte einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Heuer wurde in diesem Rahmen auch erstmals ein Preis für einen muttersprachlich österreichischen Autor vergeben. Die Höhe der Preisgelder bewegt sich zwischen 10.000 und 50.000 Schilling, und sie werden vom Bundeskanzleramt, dem Wiener Integrationsfonds, der Kulturabteilung der Stadt Wien sowie der Kulturkommission für den 7. Bezirk gestiftet.
Die Themenvorgabe des Literaturpreises ist naheliegend: die Texte sollen alle um die Problematik und die Erfahrungen eines Lebens zwischen den Kulturen kreisen. Einige der Beiträge geben authentische eigene Erfahrungen in literarisierter Form wieder, andere sind frei erfunden, die Autoren teilen ihre Ängste und Wünsche mit oder lassen ihrer Phantasie freien Lauf, wollen der Gesellschaft etwas mitteilen. Die meisten Texte sind engagiert, ohne daß die literarische Qualität darunter leidet; viele begegnen der Problematik auch mit einem Humor, der manchmal an Herbert Rosendorfers Briefe in die chinesische Vergangenheit erinnert.
Alle Beiträgen werden von „Interviews“ mit den AutorInnen begleitet (es sind nur ihre Antworten abgedruckt), die dem Buch eine persönliche Note verleihen und oft wertvolle Mitteilungen über Schreibpraxis, Kontext und Textgenese der Beiträge liefern. Denn nicht alles ist autobiographisch, was so aussieht … gerade in einer Anthologie dieser Thematik und vor dem Hintergrund der dem Leser immer wieder attestierten Gier nach dem Autor als einer Privatpersönlichkeit helfen diese Interviews einerseits, Mißinterpretationen zu vermeiden, und andererseits befriedigen sie das Bedürfnis nach Informationen über die Schreibenden.
Die Beiträge sind in Inhalt, Stil und Form sehr unterschiedlich, und es entsteht ein buntes, lebendiges Bild, ein Neben- und Miteinander verschiedenster literarischer Darstellungsformen, das einem Austausch der Kulturen entspricht und angemessen ist. Neben sprachlich gewandten Erzählungen in eher konventionell-traditionellem Stil (etwa von Maria Barski, Brita Krucsay oder Nadya Yldiz) stehen sprachliche Experimente (Philip Scheiner), Lyrik (Emilija Kelecija, Kenan Kiliç), eine interdisziplinäre Kombination von Bild und Text (Projekt der kaufmännischen Berufsschule Schwaz in Tirol) und Beiträge voll Ironie (Boris Bitsoev, Marian McMlynek). Neben der Auseinandersetzung mit mehr oder weniger starren Familientraditionen stehen Geschichten von Migration, Freundschaften oder den Schwierigkeiten einer Integration in Österreich.
Der Literaturpreis „Schreiben zwischen den Kulturen“ ist also eine rundum gelungene Initiative, die nicht nur ein vielfältiges Kennenlernen fördert, sondern auch äußerst vergnüglich zu lesende Werke hervorbringt. Es bleibt allerdings zu hoffen, daß das Projekt auch weiterhin jedes Jahr realisiert werden kann und nicht dem Rotstift der neuen Regierung zum Opfer fällt.