Eine Reihe österreichischer und internationaler, bereits renommierter und ganz junger Autoren beweisen, daß ihnen nichts heilig ist – jedenfalls bestimmt nicht das Weihnachtsfest. Fritz von Herzmanovsky-Orlando, H. C. Artmann, Ernst Jandl, Jaroslav Hasek, Michael Viewegh, Lily Brett oder Daniel Glattauer und viele andere demonstrieren in Weihnachten für Fortgeschrittene, daß eine Weihnachtsanthologie auch ohne den Aufruf zur Rückbesinnung auf moralisch hochwertige Besinnlichkeit als Absage auf die böse Konsumwelt auskommen kann und nicht vor tiefverschneiter Dorfpfarrer-bewehrter Bergbauernidylle triefen muß – und dennoch zieht sich unverkennbar eine Botschaft durch das ganze Buch: es darf gelacht werden.
Weihnachten wird aber auch nicht geschlachtet – auch wenn das eine oder andere Pausbackenengerl dran glauben muß, eine Christbaumverkäuferin das Fest verflucht oder der Weihnachtsmann seinen Job schmeißt. Immerhin gibt das Christkind Fernsehinterviews in Portugal, und wir erfahren, daß man Kerzen eventuell anschießen könnte anstatt des einfallslosen Anzündens. In die Reihe der Tips zur originellen und zeitgemäßen Gestaltung des Abends unterm Baum fällt auch eine neue Strophe von Stille Nacht, die jedem Aktualitätsanspruch gewachsen ist, eindrucksvoll zeigt, wer und was in Österreich wirklich wichtig ist: „Di-hi-chand Haans, Zeiler Gerhaard …“ und deshalb auch gleich auf CD beiliegt.
Sie sehen also, die Beratungsliteratur hat sich um einen nützlichen Band vermehrt, nicht umsonst lautet der Untertitel Das Überlebenspaket zum Fest.
In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten!
Doch ist der Band nicht allein als Anleitung zum Feiern zu verstehen, sondern enthält auch wertvolle historische Dokumente und soziologische Analysen. So zeigt etwa eine Typologie der Vanillekipferl-Esser, wie fruchtbar Interdisziplinarität für die Wissenschaft sein kann, wenn Gesellschaftskritik mit Ernährungslehre und akribischer Feldforschung verbunden wird.
Besonders aufschlußreich sind auch die Auszüge aus Josefs Filofax, der zusammen mit seinen Tagebüchern kürzlich in Portugal entdeckt wurde, ein Fund, der (Gesellschafts-)Geschichtsschreibung, Geschlechterpsychologie sowie Theologie gleichermaßen revolutionieren wird. Endlich gibt es Antworten auf die oft gestellte Fragen, wie Josef mit Marias Schwangerschaft und der aus seiner Sicht ungeklärten Vaterschaft fertig werden konnte, warum Mariae Empfängnis wohl doch nicht am 8. Dezember gewesen sein kann und warum das Kind in einem Stall zur Welt kommen mußte – manchmal sind die Lösungen viel einfacher, als man vermuten würde, aber ich möchte nicht zuviel verraten.
Ja und außerdem finden sich noch etliche Betrachtungen über Weihnachten, Anekdoten, Geschichten, Karikaturen und Gedichte, Metamorphosen, Begegnungen … facettenreiche Literatur.
Wer entschlossen ist, den Weihnachtsrummel nicht allzu ernst zu nehmen, der findet hier papierkräftige Unterstützung.