Hier ist vom Buben Jakob die Rede, der in einer fast archaisch anmutenden Umgebung seine Kindheit bestreitet. Die Eltern Jakobs sind mit geradezu schmerzender Klischeehaftigkeit geschildert, der Vater als grober Klotz, der in seiner sprachlichen Eindimensionalität ein verlässlicher Lieferant verletzender Handlungen ist, die Mutter als schwache Frau. Zweifelsfrei geht es der Autorin darum, die Wirkung dieser Konstellation auf das Kind zu veranschaulichen. Die große Kraft des Textes liegt aber nicht in der Psychologie der Figuren oder etwa gar in der Handlung – diese ist auf ein Minimum reduziert –, sondern in der bildgenauen, gleichwohl zurückgehaltenen Metaphorik und dem unaufgeregten, aber zugleich konzisen Rhythmus.
So soll es wohl auch sein, denn dieser kindliche Mikrokosmos erstarrt in alltäglichen Details wie dem Binden von Schnürsenkeln, das als fast übermächtige Herausforderung erscheint, als würde die Welt unentwegt auf Gesten und Handlungen des Alltags verkürzt und sich darin auch als unüberwindbar erweisen. Anders als etwa Günter Grass‘ Oskar mit seiner Blechtrommel rebelliert Jakob gegen die Erwachsenenwelt und ihre oft unverständlichen Codizes nicht mit Verweigerung und Widerstand, sondern mit einer Art Rückzug in die Sprachlosigkeit, in ein Verhalten, dessen Eigenart sich selbst dem Verständnis der Mutter entzieht. Beklemmend ist der Schluss des Buchs, der zwar offen bleibt, jedoch das Bild des Verschwindens des Kindes im ewigen Schnee provoziert.
Die große Tradition der österreichischen Literatur nach 1945 mit einer Fülle an Büchern über die Wortkargheit und Verrohung im ländlichen Leben hat eine weitere Botin hinzugewonnen.