Paul Wukitsch wird kurz vor dem zweiten Weltkrieg in Kirchdorf im Burgenland geboren. Der Vater fällt an der Ostfront, Paul wächst mit seinem kleineren Bruder Franz und der gläubigen Mutter, die viel arbeitet und deshalb kaum Zeit für ihre beiden Buben hat, in ärmlichen Verhältnissen heran. Weil er einer der Intelligentesten der Klasse ist, darf er ins bischöfliche Internat nach Eisenstadt. Nach der Matura geht er aufs Priesterseminar in Wien und studiert Theologie. Glücklich wird er dort nicht. Paul ist still, scheu, abweisend, schroff, verbohrt und jähzornig, dazu ein Gerechtigkeitsfanatiker, deshalb vermag er sich nicht in die Gemeinschaft der Glaubensbrüder einzufügen. Die strenge kirchliche Ordnung reizt zu Widerspruch und sündhaftem Verhalten, nach einem Vorfall wird er aus dem Priesterseminar entlassen. Er bricht den Kontakt zur Familie ab, verdingt sich fortan als Lagerarbeiter in einem Geschäft und führt nun ein weltliches Eremitendasein. „Er lebte von allem abgetrennt, sogar von sich selbst, und schaute nur zu.“
Alexander Altmann, die zweite Hauptfigur des Buchs, ist aus anderem Holz geschnitzt. Er arbeitet in einer Galerie, zweigt bei seinen Geschäften immer wieder Geld ab. Er hat mit „Papa“ Steininger einen einflussreichen väterlichen Freund und Mentor zur Seite und ist mit Ulla verheiratet. Diese ist wie fast alle Figuren des Romans eine tragische Person. Aufgewachsen in einer reichen, national gesinnten Kärntner Hoteliersfamilie, wurde sie in ihrer Kindheit von ihrem Vater geschlagen. Die Ehe mit Alexander funktioniert nicht, der Wunsch nach Kindern bleibt unerfüllt. Schließlich beginnt sie ein tristes Verhältnis mit dem um vieles älteren „Papa Steininger“. „Schon morgens, gleich nach dem Aufstehen, und erst recht, nachdem sie allein in der Wohnung zurückgeblieben war, hatte sie sich niedergeschlagen gefühlt; nicht eigentlich traurig zuerst, sondern wehmütig, ja wehmütig auf diese sanfte und besondere Art, wenn ein untergründiger, undeutlich sich regender Widerwillen gegen alles und jedes sich momentweise zu einem Gefühl des Stolzes und des Beharrens darauf wandelt, daß man ist, was man ist.“
Kurz nachdem Ulla Suizid begeht und ihr Verhältnis mit Steininger herauskommt, entdeckt Alexanders Chefin, dass er sie betrogen hat und entlässt ihn deshalb. Dieser lässt sich von einer reichen Frau aushalten und verfällt dabei zusehends.
Einem Reigen gleich bewegt sich der Roman durch das Nachkriegsösterreich, immer neue Figuren werden ins Spiel geworfen. Gemeinsam ist allen, dass sie nach dem Krieg die Orientierung verloren haben und ziel- und lustlos durch Leben und Zeit treiben. Mit keinem nimmt es ein schönes Ende. Schuld und Unglück liegen auf oder stehen zwischen den Figuren, zur Liebe sind sie nicht fähig.
Roseis Meisterschaft ist die kurze, prägnante Schilderung. Der Erzähler skizziert Orte und Figuren einem Architekten gleich, der seinem Gegenüber mit einigen schnellen, doch anschaulichen Strichen sein Vorhaben erklärt. Die Beschreibung von Pauls Heimatdorf etwa liest sich so: „Das Dorf lag zwischen zwei Bächen ausgebreitet auf einem Hügelrücken, der gegen die Zusammenmündung der Bäche hin abfiel. Man darf sich keine richtigen, keine munter springenden Bäche vorstellen, bloß zwei Gerinne, die nur im Frühling und im Herbst hoch gehen. Auf dem sanft abfallenden Rücken zwischen den Bächen stehen, an zwei krummen Straßen entlang, die Häuser des Dorfes. Das sonntägliche Läuten der Glocken an der Kirche, sie steht in der Mitte der Siedlung, hört man weit in die Felder hinaus.“
Roseis Roman ist wunderbar zu lesen, ist von sprachlicher und erzählerischer Kunstfertigkeit, die seinesgleichen sucht. Wo aber tanzt der Reigen hin?, fragt man sich gegen Ende des Buches und ahnt, den Titel im Kopf, nichts Gutes. Tatsächlich nimmt der Erzähler auf den letzten 25 Seiten unvermutet Tempo auf, nichts hält ihn mehr, die Sätze werden kürzer und kürzer, in brutaler Zwangsläufigkeit peitscht er seine Geschichte dem Ende, dem großen Töten zu. „Das ist der Krieg!“, schreit Paul, der ehemalige Priesterstudent, und knallt mit seinem Gewehr in die Menge.
Schon lange nicht mehr war so feinnerviges und facettenreiches Erzählen, allein der jäh und konsequent ins Extrem schlagende Schluss (den deutsche Kritiker wohl als „typisch österreichisch“ bezeichnen würden) macht es dem Leser schwierig: Pauls Mutation zum Amokläufer ist schwer nachzuvollziehen – doch welcher Amoklauf ist überhaupt nachvollziehbar?