Peter Rosei ist mit seinem Band Verzauberung dem Überleben auf der Spur: Im ersten Text durchaus noch konventionell erzählend, experimentiert er in den folgenden. In rascher Folge reiht er Assoziationen aneinander. Er versucht, so der Klappentext, „Leben und Erfahrung im Rohzustand – bevor sie ins Gatter der Erzählkonvention gesperrt werden“ zu erfassen. Was es dem/der Leser/in nicht gerade leicht macht.
Worum also geht es im „Rorschach-Text“, „Kolchis“, Verzauberung? Um Familie im weitesten Sinn: demgemäß um Geld, um Bruderhaß, Bruderliebe, um Großmutter, Mutter, Vater und Großvater … Letztendlich um den Dichter selbst, dem Rosei versucht, zuzuhören beim Verfertigen der Gedanken“.
Um vieles. So vieles, daß wenige Seiten zu lesen, verwirrt und ermüdet. Erstaunlich, was ein Dichter so denkt: Jeder Satz birgt ein neues Bild, einen anderen Gedanken.
Was aber ist, wenn der Text als Bild gesehen wird? Bilder betrachtet man, indem man sich ein paar Schritte entfernt. Beim Lesen genügt es, sich zurückzulehnen und die scheinbar willkürlichen Sätze nachhallen zu lassen.
Tatsächlich: Plötzlich ahnt man, daß es nicht nur um die Familie als Beziehungsgeflecht geht, sondern um Familie als Ort. Jener Ort, an dem man vergeblich ums Überleben kämpft. In dem es, einer Stadt gleich, soviele Eindrücke gibt, die auf das Kind einstürmen. Noch bevor es zuordnen, einteilen kann, erfährt es schon. Rosei beschreibt jenen Ort, dem man nur auf eine Weise entkommen kann: durch Flucht. Was nie gelingt.
Zum Lachen, nicht?