Keine andere Schriftstellergruppierung übte damals einen stärkeren Einfluß auf das literarische Leben aus, gehörte denn auch zu ihrem Kreis ein Großteil der Autoren, die für die deutsche Literatur seit 1947 maßgebend sind und die da ihr erstes Podium fanden: hier konnten sich junge Autoren profilieren, hier fanden sie Öffentlichkeit – „eine dringend benötigte Probebühne, eine sehr geschätzte alljährliche Modeschau“, wie Marcel Reich-Ranicki befand.
Heute ist die Gruppe 47 einerseits Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen, andererseits von Legendenbildung. – Jenseits aller Legenden bot bereits 1962 ein „Almanach der Gruppe 47“ Einblick in die Literatur, die auf den Tagungen vorgelesen und diskutiert wurde – damals, d. h. zwischen 1947 und 1961. Dieser Sammelband ist seit langem vergriffen. Jetzt hat sich Hans A. Neunzig darangemacht, die Geschichte der Gruppe 47 unter dem Motto „Wie es weiterging“ zu dokumentieren. Erzählungen, Gedichte und Romanausschnitte von Debütanten aus den Jahren 1962 bis 1967 finden sich da versammelt, Texte von Jakov Lind, Peter Weiss, Konrad Bayer, Erich Fried, Peter Härtling, Günter Kunert oder Barbara Frischmuth.
Hans Werner Richter war der Gründer und Mentor der Gruppe 47. Seine Frau, Toni Richter, hat die Autorentreffen nicht nur von Anfang an gemeinsam mit ihm organisiert, sie hat seit 1956 dort auch fotografiert. Jetzt legt sie einen Band mit mehr als 200 Fotos und etwa 80 Texten vor, der die Zusammenkünfte über mehr als 30 Jahre chronologisch dokumentiert und einen lebendigen Eindruck von der Atmosphäre bei den Tagungen der Gruppe 47 gibt. Literarische Texte, Essays und persönliche Erinnerungen von Milo Dor, Peter Härtling, Hans Mayer, Walter Jens, Ilse Aichinger u. a. ergänzen den Band.