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Blutrausch

Kurt Ostbahn

// Rezension von Sylvia Szely

„Haben Sie sich eigentlich je die Frage gestellt, was Ihr Rock-and-Roll-Musikant tut, wenn er grad nicht Saison hat? Nun, ich für meinen Teil zum Beispiel lieg auf meiner Bettbank und sinniere nach über die Tücken des Lebens. […] Fad, werden Sie sagen. Konträr, sag ich. Sie haben ja nicht die leiseste Ahnung, was einem dabei so alles zustoßen kann! Mord, Totschlag, Perversion und Laster aller Art.“ (S. 2)
Und so ist also Herr Kurt Ostbahn, unterstützt von Günter Brödl, unter die Schriftsteller gegangen: um seiner Phantasie, die „den engen Rahmen eines Rock-and-Roll-Schlagers gesprengt hätte“ (S. 2), Ausdruck zu verschaffen.

Bereits vor zwei Jahren hat er einen Kriminalroman veröffentlicht, der den vielsagenden Titel „Blutrausch“ trägt – und damit nicht nur auf die grauslichen, quasi rituellen Schlächtereien eines Geisteskranken Bezug nimmt, der seine Opfer aus dem Rock-and-Roll-Milieu – inspiriert von den satanischen Lehren einer amerikanischen Sex-Sekte – fachmännisch tranchiert; Blutrausch hat seine Betonung auch auf Rausch, denn öfter als Blut kommt nur noch Bier vor – „das traditionelle kleine Bier mit dem traditionellen großen Fernet“ (S. 101) – oder Scharlachberg, oder irgendein Whisky – im Idealfall Canadian Club – kurzum: Als Leser/in (vor allem als letztere) fragt man sich über zweihundert Seiten lang weniger „Wer ist der Mörder?“ – das hat man nach der Hälfte des Buches ohnehin durchschaut -, sondern vor allem „Wo saufen die Burschen bloß das ganze Zeug hin?“

Trotzdem: Dieser Kriminalroman ist, obgleich er seine Längen hat und ruhig um ein Drittel gekürzt hätte werden können, durchaus amüsant; und zwar auch dann, wenn man kein eingefleischter Ostbahn-Kurti-Fan ist. Sympathie oder wenigstens Verständnis für den Schmäh und die gebrochen-machistische Selbstdarstellung à la Ostbahn ist allerdings eine Voraussetzung für die Lektüre des Romans, fungiert doch der Erfinder des „Favorit’n’Blues“ (S. 49) als Protagonist und Ich-Erzähler.

Er ist allgegenwärtig. Und das ist er – leider – auch in der nunmehr hergestellten Verfilmung des Buches, die unter der Regie von Thomas Roth und unter Mitwirkung vieler (nicht nur österreichischer) Stars und Idole (auch in kleinsten Nebenrollen) entstanden ist. Der Professor Doktor Kurt Ostbahn mag eine Kultfigur sein – Schauspieler ist er keiner. (Wobei sich selbst zu spielen, wie man eine Kultfigur spielt, ja vielleicht grundsätzlich eine schwierige Aufgabe ist.) Und seinem Regisseur Thomas Roth fehlen die zündenden Ideen, die Willi Resetarits aus der Verlegenheit helfen könnten – ja, ihm fehlt jegliches Regiekonzept, das aus diesem Stück Insider-Literatur wenigstens einen seine Klientel bedienenden Filmspaß machen würde.

Auch wenn man ein eingefleischter Ostbahn-Kurti-Fan wäre, würde man sich in diesem Film langweilen.

Kurt Ostbahn Blutrausch
Kriminalroman.
Aufgezeichnet von Günter Brödl.
Innsbruck: Haymon, 1995.
232 S.; brosch.
ISBN 978-3-85286-173-9.

Blutrausch.
Film nach dem gleichnamigen Kriminalroman.
Österreich 1997.
Regie: Thomas Roth.

Rezension vom 24.10.1997

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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