Biedermeier rollt einen historischen Fall auf: Fürst Aloys von Kaunitz-Rietberg ist es leid, die Reputation seines hochangesehen Großvaters Wenzel Anton Graf von Kaunitz zu polieren. Eingebettet in die besten Kreise Wiens verkommt er zusehens, sein riesiges Palais ist zum einen Teil eine Baustelle, der Rest ist ungepflegtes Durcheinander; Kaunitz-Rietbergs Gattin ist kühl und verschlossen, ab und zu flammt Haß zwischen den Eheleuten auf. Fürst Aloys hält sich an jungen Mädchen schadlos. Gemeinsam mit seinem schwarzen Diener macht er die Vorstadt unsicher und findet nichts dabei: Die anderen machen es ebenso („Ihr wißt doch, daß an meinem Tun, dem Tun eines Privatiers, nichts Außergewöhnliches für ein Mitgleid unserer Gesellschaft ist“, S. 162), und vor allem läßt er sich nicht lumpen. Die Mädchen bekommen danach finanzielle Abgeltung. Vielleicht ist Fürst Aloys selbst für damalige Verhältnisse zu weit gegangen, vielleicht wollte der Kaiser ein Exempel statuieren. Jedenfalls wurde Kaunitz-Rietberg wegen „Verdacht auf Notzucht und Kuppelei in mehr als 100 Fällen“ im Juli 1822 verhaftet und von Franz I. der Stadt verwiesen. 1848 verstarb er, fast mittellos, in Paris.
Der Roman schildert die Ereignisse von Mai bis Juli 1822 aus der Sicht der einzelnen Beteiligten: Des Polizeidirektors Franz von Siber, des Missetäters Kaunitz-Rietberg und der Opfer Anna und Caecilie Vihwanz.
Ernst Molden bemüht sich um eine Sprache, die das Idiom des Wiener Biedermeier anklingen läßt; er thematisiert eine Epoche, die gemeinhin gern als wesentlich braver, gemütlicher und kultivierter gesehen wird, als sie war.
Trotz einiger Kraftausdrücke bleibt das Romanprojekt dabei auffallend brav, gemütlich und kultiviert.