Mission misogyner Misanthrop
„Die Einsamkeit, die er anstrebte, war als ewig gar nicht so begehrenswert – nur als einen vorübergehenden Zustand wollte er sie für immer behalten.“ Doch mit Mathilde kommt Lipitschs Welt ins Wanken, so wie es eben ist, wenn man sich das erste Mal verliebt. Wie ein Maler macht er aus einer leeren Leinwand, „die eine Frau im Inneren war, ein würdiges Bild, das er in seinen Tagträumen bis ins kleinste Detail perfektionierte“, schreibt Marwan, denn Lipitsch kann Mathilde nur als Geschöpf seiner Phantasie lieben, nicht aber als die Mathilde, die sie ist. Proust zitierend erkennt auch Mathilde diese Vorstellung an: „Überlassen Sie die schönen Frauen den phantasielosen Männern“. Aber Lipitsch erkennt in Mathilde nur seine eigene Vorstellung von Frauen wider: „Sie mag schlau sein“, denkt sich Lipitsch, „gebildet ist sie aber mit Sicherheit nicht. Es bleibt nicht viel Zeit für Bildung, wenn man berufstätig und gleichzeitig so gut gepflegt ist.“ Lipitsch lebt nach seinem eigenen Diktat und will sich nicht von Mathilde einwickeln lassen. „Seine Einstellung zur Welt hat er schon hundertmal geändert, seine Meinung ist aber gleich geblieben!“ Und so sieht er auch Mathilde nur als Repräsentantin ihres Geschlechts, nicht aber als eizigartige Frau.
Mann:Frau:Welt=Mensch
Ana Marwan kann sich sehr gut in einen Mann einfühlen, wie er von Lipitsch exemplarisch verkörpert wird. Dieser Lipitsch ist kein Auslaufmodell, eher ein etwas eigenbrötlerischer, kauziger Typ, der sich vor lauter Denken nicht mehr auf andere einlassen kann. Aber Liebe kann nur da wachsen, wo sich gesellschaftliche Normierungstendenzen auflösen und sich das Individuum losgelöst von Herkunft, Beruf oder Gender entfalten kann. Wie ein Schmetterling, der tausend Fäden hinter sich lässt und sich gen Himmel schwingt.