Die Erzählungen spielen an befremdlichen Orten, die bisweilen außerhalb von Zeit und Raum zu liegen scheinen: Ein Kinderheim, in dem Schwestern sterbenskranke Waisenkinder bis zu ihrem Ableben betreuen, eine Art Bunker, in dem sich ein trauernder Ehemann zurückzieht, um sich dort mit Erinnerungsstücken aus alten Zeiten zu umgeben oder ein Sarg, tief unter der Erde. Der Text „Manfred in der Kiste“ gehört zweifellos zu den beachtlichsten Erzählungen dieses Bandes. Ein Mann erwacht und erkennt, dass er in einem Sarg liegt, der in diesem Moment zugeschüttet wird. Bei lebendigem Leib vergraben zu werden – es ist eine der wohl größten Ängste eines jeden Menschen, in die Mahlknecht sich hier hineinversetzt hat: Die aufkommende Panik, die rasenden Gedanken, der Versuch einen klaren Kopf zu bewahren, die Ausweglosigkeit der Situation. Wehrlos werden die Lesenden in das Innenleben der Figur hineingezogen und Mahlknecht versteht es, eine nahezu unerträgliche Spannung aufzubauen. Hier ist alles stimmig – Sprache, Inhalt und Form.
Weniger stimmig wirkt hingegen die übermäßig lange (über 40 Seiten) Titelgeschichte: Die Jugendliche Sisa auf der Suche nach dem großen Ganzen. Erzählt wird in einer Art Jugendsprache, die aber immer wieder aufgesetzt und holprig wirkt. Es scheint, als wollte die Autorin hier einen besonders lockeren Ton anschlagen, der ihr aber nicht gelingen will.
Viel dichter und konzentrierter hingegen ist die Sprache in „Marseille“ oder in „Schlangenhaut“, wo mit wenigen Andeutungen und knappen Sätzen eine kleine Welt entsteht. Es sind vor allem die leiseren Töne, durch die sich Mahlknechts Erzählkraft erst so richtig entfaltet.
Vom großen Ganzen ist insgesamt ein facettenreicher Erzählband, der ermutigt, sich hin und wieder (zumindest gedanklich) auf einen Perspektivenwechsel einzulassen.