Die Kriminal- und Verschwörungsgeschichte wird seitenverkehrt erzählt. Das Geld hat nichts anderes im Sinne, als sich möglichst viele Menschen untertan zu halten. Und zur Menschwerdung gehört es, selbst zu Geld zu werden. Die Eigenschaften des Geldes und der Menschen sind nämlich identisch, sonst könnte auch das Liebesverhältnis der beiden zu einander nicht so innig sein. In Kurt Leutgebs Roman werden die seitenverkehrten Dinge beim Namen genannt. Die Länder tragen die Namen ihrer Währungen, alles strömt nach Dollerika. Ein „Gel“ ist das allgemeine Geld, wie „man“ ein allgemeiner Mensch ist. Selbstverständlich wird zwischendurch Münz schwanger und kriegt einen Pfennig oder was als Kind. Alle Wörter mit „sehen“ oder „sichten“ werden zum Fokus: die Sendung „Tagesfokus“ schauen, mit einem „Fokusvermerk“ durch eine Absperrung gehen oder einfach jemanden anfokussieren sind Alltagserlebnisse der Münzen und Scheine, die sich zur Parade stets im Fach aufreihen. Durch die lustvolle Vertauschung von Begriffen und die kreative Umgestaltung eingeführter Wörter entsteht schließlich jener Hintersinn, der üblicherweise vom Glanz des Geldes verstellt wird.
Zusammengehalten wird dieser Kosmos absurder Wertvorstellungen vom Bösewicht Nemirnyi, der vordergründig in bedrohlich-mafioser Weise viel „Kohle“ beiseite schafft, letztlich aber vom Drang beseelt ist, der Welt von seinem Geldhaufen als kreativem Akt zu berichten. Der Umgang mit Geld ist immer auch ein philosophisch-künstlerischer Akt.
Mensch ist ein Börsenroman, in dem die Münzen spekulieren und die Menschen verfallen wie Kurse. „Mensch“ ist aber auch der begleitende Roman zur Einführung des Euro, in dem die zentripetalen Kräfte dieser zentralen Währung in den Vordergrund gestellt werden. Und obendrein ist „Mensch“ ein grotesk-unterhaltsamer Kriminalroman mit internationalen Verstrickungen.