Da ist Fabian, der arbeitslose Journalist, der sich gehen lässt und in Selbstmitleid ertrinkt, weil ihn seine Freundin mitsamt dem gemeinsamen Kind verlassen hat. Den Menschen seiner Umwelt begegnet er voller Vorurteile, auch seinem Vater, um dessen Einsamkeit und Tod er sich nicht kümmert. Dabei hält er sich für einen, der immer auf der richtigen Seite steht und beurteilen kann, wer falsch denkt und handelt. Sein Schwarz-Weiß-Denken wirkt geradezu wie eine Karikatur auf politisch korrekte Männer, die sich selbst viel zu wichtig nehmen.
Sonia ist eine Freundin aus Studienzeiten, die alleinerziehend eine bemerkenswerte Karriere an den Tag gelegt hat. Aber die Kollegen ebenso wie Fabian beweisen ihr, dass sie es als Frau bedeutend schwerer hat, ernst genommen zu werden. Nicht ganz ohne Eigennutz hilft sie Fabian bei seinen Recherchen, um einen Skandal im Ministerium, Abteilung Fremde aufzuklären.
Walter, skrupelloser Herausgeber eines Boulevardblatts und dem sinnlosen Luxusleben frönend, erfährt wohl die radikalste Änderung in diesem Buch. Vom Saulus zum Paulus in nur zehn Tagen, auch wenn er dazu Fabian und Sonia verraten muss.
Und wer ist eigentlich Bumble, der Asylbewerber aus Afrika, der durch seine zeitweise sensationellen Laufzeiten beim Wiener Marathon die Aufmerksamkeit von Walter und Fabian auf sich gezogen hat. Durch ihn wird Fabians Recherche über die Existenzbedingungen von Asylbewerbern in Österreich angestoßen. Bumble, der seine Familie nachholen will, gelingt nicht die Sensation, als unbekannter Läufer zu siegen, doch wird der Marathon ihn bei seiner Integration in Österreich ein Stück weiterbringen.
All diese Figuren werden – ganz im Sinne der Hauptperson Fabian – etwas holzschnittartig dargestellt und erfüllen die Klischees, die man erwarten kann. Dass ausgerechnet die Person und das Schicksal von Bumble blass bleiben, ist dabei schade. Weder sein Herkunftsland noch andere Details aus seinem Leben werden genannt, seine Geschichte wird nur oberflächlich erzählt und besteht aus Allgemeinplätzen. So bleibt der Asylbewerber nur einer der Menschen aus Afrika, die man schlecht versteht und die aus dem Elend kommen. Krems vergibt hier eine Chance, gerade auch im Vergleich zu der engagierten Flüchtlingshelferin, die er schildert und in der sich leicht Ute Bock erkennen lässt. Sie interessierte sich für die einzelnen Menschen wirklich.
Doch Krems geht es nicht in erster Linie um die Schilderung der Flüchtlingspolitik Österreichs und ihrer Folgen, sein vorrangiges Ziel ist, die Entwicklung seiner Romanfiguren aufzuzeigen, die einen zufälligen äußeren Anlass brauchen, um ihr Leben grundlegend zu ändern. Bei Walter sind es gar nur die technischen Probleme mit seinem Boot und seinem Sportwagen, die ihm merken lassen, dass sein machtbewusstes, zynisches Handeln nichts mit dem zu tun hat, was er eigentlich im Leben will.
Der Autor lässt den Leser die Geschichte aus vier Perspektiven erleben, die den Verlauf der Woche jeweils chronologisch erzählen. So werden nicht nur Geschehnisse unterschiedlich beleuchtet, sondern auch die Charaktere deutlicher herausgestellt. Das ist eine der größten Qualitäten dieser Geschichte und so manche profane Handlung erlangt dadurch Spannung. Auch dass der aufgedeckte Skandal keine allzu großen Wellen schlägt, zeugt von einer realistischen Einschätzung der Verhältnisse in Politik, Verwaltung und Medien.
Dabei ist dem Autor gar nicht so viel an Realismus gelegen, wie das letzte Kapitel seines Buches beweist. Wie in einem Kitschroman haben sich für die vier Hauptpersonen ein Jahr später fast alle Probleme aufgelöst. Fabian hat sein Leben in den Griff bekommen und arbeitet wieder regelmäßig als Journalist, Sonia und Walter haben dem „Bösen“ abgeschworen und selbst für Bumble gibt es Lichtblicke.
In Summe ist David Krems sein Entwicklungsroman, der vor dem Hintergrund der sogenannten Flüchtlingskrise spielt, durchaus gelungen. – Und ja, es braucht nicht immer ein Wunder, man muss nicht immer siegen, um im Leben zu gewinnen.