Aus dem üppigen Freundeskreis der Dolce-Vita-Zeit sind zwei Freundinnen übrig geblieben: Seit der Scheidung, die sie finanziell unversorgt entläßt, lebt Olivia sehr zurückgezogen, damit beschäftigt, sich eine eigene Existenz aufzubauen. Ein Butterbrot und ein Glas kühler Veltliner begleiten ihre abendlichen Reflexionen, die immer wieder von einem anonymen, aber sehr hartnäckigen Anrufer unterbrochen werden. Anfänglich will sie diesen Anrufer abschütteln, bis sie ihn schließlich in ihren Reflexionsstrom einbindet und so zu ihrem Seelenvertrauten macht.
Für Olivia Kaliwoda ist ihre „neue Armut“ gar nicht so neu: Rückblenden in die Kindheit der Erzählerin, die sie ohne Vater und schließlich nur mit der Großmutter weitab von jedem Luxus erlebte, stellen den Zusammenhang her: „Jetzt fühle ich mich wie damals, als ich ein Kind war.“ (S. 148)
Olivia Kaliwoda ist kein komplizierter Mensch. Aus der unbefriedigenden Ehe mit dem ernsthaften, ganz seiner Arbeit hingegebenen Steuerberater flieht sie zum Shoppen, auf Parties oder in die Arme eines Geliebten. Ihrem Temperament entsprechend ist der Erzählstil fröhlich plappernd, tiefschürfende Analysen sind ihr fremd.
Ein heißer Sommer ist nicht frei von trivialen Klischees: Die schöne Heldin wurde vom treuen Ehemann aus der Armut ihrer Kindheit befreit, aber nach Entdeckung ihrer Eskapaden wieder verstoßen. Die Büßerphase wird bald durch den wiederauftauchenden ehemaligen, wunderschönen, jungen Geliebten aus reichem Hause gemildert: Er entführt Olivia im Cabriolet zum Heurigen und im elterlichen vollklimatisiertem Luxusschlitten zum Baden. Außerdem darf die Geschichte nicht schlecht enden, und so winken am Schluß eine prachtvolle und dennoch spottgünstige Luxuswohnung mitten im Herzen von Wien sowie der berufliche Aufstieg: Der Direktor des Kaufhauses hat die überqualifizierte Zuckerlverkäuferin entdeckt und sofort zur Leiterin der Wäscheabteilung befördert!
Trotz der Klischees hat Monika Karners Roman etwas, das ihn deutlich von gängiger Dreigroschenroman-Romantik unterscheidet: Er ist geprägt von weiblicher Selbstachtung.
Die Lebenskrise „Scheidung“ wird nicht als soziales Absturzdrama inszeniert, sondern als Möglichkeit weiblicher Selbstbehauptung gesehen. Die Protagonistin verzichtet dabei nicht auf männliche Hilfe, ohne durch diese bestechlich zu werden.