Der Auswahlband, anläßlich des fünzigsten Geburtstages des Autors zusammengestellt, ist ein haptisches Geschenk an seine Leser. Bereits die technischen Daten der Herstellung lesen sich wie ein Gedicht.
„Ausgewählte Gedichte, erstellt im Handsatz aus der Memphis, Handpressendruck auf 102 g Naturline von Römerturm, Fadenheftung, farbig-kaschierter Pappband.“ Für den Fachmann bedeutet dies das Höchste, was auf dem Drucksektor möglich ist.
Gerhard Jaschkes Lyrik setzt immer an jenem Punkt an, an dem scheinbar alles eingerenkt und selbstverständlich ist. So transponiert er ein scharfes Kriegsgedicht August Stramms ins Bordell und siehe, es beährt sich auch auf diesem Kriegsschauplatz („freudenhaus“, S. 8).
An anderer Stelle wird die Tauglichkeit des Wiener Dialekts für Aufbruchsübungen getestet („hammas? / sammas? / na wird’s boid?“, S. 31). Generationen von Untergebenen sind mit diesen Behördenfoskeln schikaniert und erniedrigt worden; kein Wunden, daß dieses Gedicht geradezu fröhlich hüpft, da es sich um einen Freizeitbefehl des Autors an die Leser handelt.
Das Perverse wird erst richtig pervers, wenn seine Beschreibung vom Autor in die scheinbar verkehrte Richtung verdreht wird. So stottert ein Sextourist in Bangkok mit den Geschlechtsorganen und ein Reisebericht aus Afrika artet in eine Grammatik-Safari aus.
Gefühle sind plötzlich nicht mehr richtig einzuschätzen, wenn sie auf Wörter mit wackeligen Beinen gestellt werden, der Mai von damals ist nicht mehr da, was er war, wenn man ihn in die Gegenwart transportiert. Das Logische wird sinnlos, wenn man sich auf seine Logik beruft, „eh logisch“! (S. 32). Natürlich steckt hinter dem scheinbar Einfachen höchste Schreibkonzentration, in der Logik Jaschkes heißt das, daß der wichtigste Schliff der letzte ist. „der letzte schliff // in meinen gehirnbahnen / säuselt der wind / auf den geröllhalden / steht das weinende kind“ (S. 49). Die Reflexion über das scheinbar mißlungene Gedicht macht dieses erst vollkommen. Gerhard Jaschke freut sich über die eigene Schadenfreude, wenn ein Gedicht gerade noch die lyrische Kurve gekratzt hat.
Seine Gedichte sind so stabil gebaut, daß ihnen keine Floskel etwas anhaben kann.