Bei Lesungen entsteht im Publikum immer dann die höchste Aufmerksamkeit, wenn Jaschke „Schnelle Nummern“ liest. Dieselbe Aufmerksamkeit entwickelt auch der Leser, denn die scheinbare Geschwindigkeit, mit der die Texte vorbeirasen, erzeugt einen Sog der Besinnung und Konzentration auf das Wesentliche.
Indem die Texte in ungewöhnlicher Geschwindigkeit vorgeführt werden, werden erst jene Mehr- und Mißdeutungen sichtbar, die in jedem Satz mitschwingen.
Das Entrümpeln von falschen Eindeutigkeiten ist Gerhard Jaschkes oberstes Ziel, nichts ist ihm glatter als eine glatte Fassade. So wird wie selbstverständlich gefordert: GOETHE DARF KEIN EINAKTER BLEIBEN. Wien wird „unörtlich“ dargestellt, der Ort des größten Chaos heißt naturgemäß „Illusionsgebiet Nervenruh“.
Viele Sätze gehen leicht und mit einem anderen Sinn ins Ohr, als sie sich dort manifestieren. Wer Texte von Gerhard Jaschke liest, ahnt bald, daß gerade die einfachsten Sätze die gefährlichsten sind. „man torkelt so dahere / und weiß nicht recht wohin. / befragt nach dem, was sinn, / stiert man gekonnt ins leere.“ (S. 14)
Neben den vielen Untersuchungen zum Alltag in Gedichtform und Alltagsformen als Gedicht finden sich in Jaschkes Beispielsammlung auch die wichtigsten Thesen seiner Poetik-Vorlesung („Nicht bloß erfinden! Das reine Auffinden ist die höchste Kunst!“), seine Vorschläge für eine „begehbare Politik“ oder seine traumhafte Begegnung mit Raoul Hausmann runden das theoretische Segment ab.
Zusammengedreht ist der Faden Jaschkescher Erkenntnis aus Beispielen der 106 Nummern von „FREIBORD“-Heften, in Österreichs literarischer Welt eine der angesehensten und tapfersten Zeitschriften. Das Motto der Textsammlung ist natürlich ein Jaschkescher Imperativ: BIS HIERHER UND WEITER! Jetzt geht es erst richtig los!