Es ist eine haarsträubende und zugleich einfache Geschichte, die uns die Vorarlberger Schriftstellerin mit ihrem jüngsten Roman „Wenn der Bräutigam kommt“ vorlegt.
„Ich las die Todesanzeige in unserer Zeitung: Vasko Honca.“ (S. 5) Ein erster Satz, der in seiner Knappheit die Struktur dieses komplexen Prosawerks vorwegnimmt.
Schonungslos und ohne Pathos präsentiert die Ich-Erzählerin Bruna ihre Geschichte.
„Auf ein gerastertes Zeitungsbild zusammengeschrumpft“ (S. 6), taucht er plötzlich wieder auf. Vater für Bruna hätte er sein sollen, Vater ist er geworden, nur eben nicht für die Vierzehnjährige, sondern der ihres Kindes und der ihrer Schwester.
Romane über Mütter und Töchter, über Frauenbeziehungen, Verlassene und über die Liebe gibt es genug. Doch nie wurde eine Geschichte so schonungslos blank vorgetragen. Bar jedes Pathos, bar jeder Sentimentalität erzählt Bruna ihrer Tochter Judy vom Leben mit ihrer Mutter, von ihren Versuchen, dieser Frau das Trinken abzugewöhnen, von ihrer unspektakulären Entjungferung.
Und das gleiche, jedoch keineswegs dasselbe nocheinmal für ihre Halbschwester Sonja, die andere Tochter Vasko Honcas.
Gleichwohl Helfer in den beiden Teilen des Romans ihre Protagonistin zwar zweimal dieselbe Story erzählen läßt, wiederholt sie nichts. Ein Bericht bereichert den anderen. Pendelnd zwischen innerem Monolog und direkter Rede, entwickelt Helfer Schritt für Schritt ihre Geschichte und zeichnet die Charaktere ihrer Figuren. Diskret verschweigt die Autorin, wie Mutter und Tochter letztendlich die unmittelbaren Folgen dessen tragen, was jener Untermieter verursacht hat. Helfer beschränkt sich auf die Zeit nach den Geburten, alles, was zwei Frauen unter einem Dach während der Schwangerschaft miteinander erfahren, bleibt ausgespart. Dennoch erfaßt sie ihre Protagonistinnen mit psychologischem Weitblick.
Der klare, jedoch fast saloppe Ton, den die Ich-Erzählerin zuweilen anschlägt, täuscht. Gegenwart und Vergangenheit erscheinen in den beiden Teilen kontrastiert und überschneiden einander. Was war, ist wieder, nur die Besetzung ist eine andere – oder besser – um eine Generation verschoben.
Die Achse, um die sich das Geschehen dreht, ist die Ich-Erzählerin: von ihr strahlt alles aus. Und damit ist diese Prosa auch ein Roman über das Erzählen.
Gleichsam in einer Endlosschleife schwingt das Erzählte von einer Generation zur anderen und trifft sich im Schnittpunkt, also in der Vereinigung von Bruna und Vasko Honca.
Raffinierter kann eine solche Geschichte wohl kaum geschildert werden – aber auch nicht schonungsloser.