Alexander Gansebohn kommt eines frühen Morgens von seiner Geliebten Dunja nach Hause, wird von seiner Frau Marie zur Rede gestellt und hört nach dem Streit noch drei dumpfe Geräusche: Marie hat sich mitsamt den beiden Kindern aus dem Fenster gestürzt. Alexander läuft zu Dunja, die von ihm aber nichts mehr wissen will, denn sie liebt den aufgeblasenen Künstler Doyle, der von ihr verlangt, Sex mit seiner Dänischen Dogge zu haben, während er Schillers Reiterlied rezitiert. Alexander weigert sich, die Trennung zu akzeptieren, erschießt Doyle, vergewaltigt Dunja, setzt sich durch einen Joint selbst außer Gefecht und findet sich eingesperrt in einem Sarg in der Michaelergruft wieder. Aus diesem befreit ihn seine alte Schulfreundin Heidrun, die verzweifelt in ihn verliebt ist.
So etwas wie Liebesglück findet sich nur in den Vorstellungen der Romanfiguren, in der Welt des Schlummers, in die Alexander und Marie abtauchen. Denn während er im Sarg liegt, wird Marie, die ihren Selbstmord nur fingiert hat, Opfer eines dumm-brutalen Einbrecherpärchens, das mittels Handykamera ein Gewaltvideo drehen will.
Gansebohn ist ein Versager auf der ganzen Linie, der aus gekränkter Eitelkeit zum Amokläufer wird. Nachdem Dunja im Prater Opfer eines Terroroanschlags wird, beschließt Alexander, Selbstmordattentäter zu werden und fliegt nach Jerusalem. Ein Vorhaben, bei dem er kläglich scheitert, denn auf der Suche nach einer Terrororganisation wird Alexander nur von einem Bazarhändler zum nächsten geschickt, schließlich festgenommen und ins Gefängnis geworfen, wo die „Liebesgeschichte“ ihr Ende findet.
Die Figuren, denen es an jeglichem realistischen Einschätzungsvermögen fehlt, werden von ihren Obsessionen getrieben und beschwören die Extremsituationen, in die sie stolpern, zumeist selbst herauf. Im Krieg und in der Liebe sind angeblich alle Mittel erlaubt, von Maries vorgetäuschtem Selbstmord über die „große romantische Aktion“ Alexanders, bei der er sich nackt mit Superkleber an seine Geliebte Dunja heftet, bis zu seinem Plan, Terrorattentäter zu werden. Die Wahl der Mittel entlarvt auch das Konzept von Liebe, das im Roman vorgestellt wird. Es geht um Besitzansprüche, das wird selbst Alexander klar: „und dabei wusste er genau, dass man sich als Mann nur so lange zum Narren macht, als man eine Frau nicht hat. Besitzt man sie, wird sie einem schnell egal.“ (S. 193)
Alexander ist sich seines Stadiums der „Liebesblödheit“ (S. 113) durchaus bewusst, was ihn aber nicht daran hindert, zum Hochstapler zu werden, sich als „Sir Alexander“ auszugeben – ein „Phantasma männlicher Allmacht“ (S. 194), und sich beim „Jungfrauenroulette“ an minderjährigen Prostituierten sexuell abzureagieren. Dunjas Befund, Alexander verkörpere das „kleingeistige Schniedelwutzdenken“, das Frauen zu „Ficklöchern und Brutkästen“ degradiere (S. 194), trifft den Nagel auf den Kopf.
Die Liebe ist ein Schlachtfeld, das wird nicht zuletzt durch das immer wieder zitierte „Reiterlied“ Schillers deutlich, sondern auch durch die Exekution mehrerer Personen des für Franzobelsche Verhältnisse recht überschaubaren Figureninventars vorgeführt.
Nachdem die Kapitel in Franzobels letztem Roman „Das Fest der Steine“ den sieben Todsünden gewidmet waren, folgen sie in „Liebesgeschichte“ der Viersäftelehre (Cholerik, Melancholie, Sanguinik, Phlegmatik) und stellen eine Humoralpathologie des menschlichen Verfalls vor, von der Raserei bis zur Resignation. Auf die Säfte wird – abgesehen vom Blut, das reichlich fließt – auch in anderer Form angespielt. Die schwarze Farbe der Melancholie ist in Gestalt der schwarzen Putzfrau in der Michaelergruft repräsentiert, das Alter des Phlegmas in den beiden alten Männern in Jerusalem, der Schleim kommt in Form von Pilzen und Schnecken vor. In den Kapitelüberschriften werden die vier Säfte durch die Motive Finger, Schlange, Geier und Leviathan ergänzt. Diese spielen auf das das Jüngste Gericht darstellende Deckenfresko im Refektorium der Michaelerkirche an, wo Alexander und Heidrun Zeugen einer Bußübung werden, bei der sich ein Mönch mit nacktem Hintern ein Stück des Himmels einverleiben muss.
Formell übt sich Franzobel in bewährten grotesken Bildern und Metaphern, vieles wirkt wie ein Aufguss von Altbekanntem. Gerade dann, wenn im Text leisere Töne angeschlagen werden und es mehr um die Moral als um den Humor zu gehen scheint, droht er ins Phlegmatische abzurutschen. Küchenphilosophische Reflexionen über Gott, Religion und die Liebe wirken, als würde Franzobels Liebesgeschichte am Ende selbst der Saft ausgehen.