Aus der Schule läuft ab wie die Lieblingsgeschichte der Österreicher: Ein ordentliches Jubiläum soll gefeiert werden, alle Gips- und Politköpfe aus den Seitenblicken sollen das Fest aufputzen, in den Festreden sollen sich Morbus Alzheimer und Amnesie die sozialpartnerschaftliche Waage halten, und am Schluß sollen möglichst alle alles vergessen haben. So ungefähr lautet das geheime Lehrziel, das sich der Direktor einer Wirtschaftsfachschule in Wien gesetzt hat, um zusammen mit seinem Lehrkörper sich und die Schule unsterblich zu machen.
Die Wirklichkeit freilich schaut anders aus. Ein guter Tag beginnt mit einer Bombendrohung, die die Evakuierung des Geländes notwendig macht.
Der Lehrkörper ist vom Leben gezeichnet, jeder Lehrer hat sein eigenes alkoholisches Wässerchen, um den Tag gerade noch auszuhalten.
Die Schüler sind mit ihrer eigenen Welt beschäftigt, sei es, daß sie dem Konsum von Markenartikeln in Diskussion und Aktion kollektiv zum Durchbruch verhelfen, sei es, daß sie ein komplementäres Weltbild zu den Vorstellungen der Lehrkörper-Generation entwickeln.
Ein unsichtbarer Kampf, der an die Musilsche Parallelaktion erinnert, zieht sich durch die Gesellschaft. Worte und Inhalte sind auseinandergefallen, Lehrer und Schüler verfolgen verschiedene Ziele, die Zukunft hat sich offensichtlich von der gefälschten Vergangenheit abgesetzt.
Fast jeder Absatz bietet dem Leser eine originelle Überraschung. Oft sind es absurde Kleinigkeiten wie etwa die Abkürzung „TOT“ für „Tag der offenen Tür“ oder „WIFASCH“ für „Wirtschaftliche Fachschule“, die authentisch einen Insider-Kosmos evozieren.
Immer auf der Kippe zwischen Realo- und Brutalo-Asfaltwestern benehmen sich auch die Kids, wenn sie ihre geheimnisvoll ritualisierten Spiele ausüben. Da wird dem Leser ganz schwindlig vor dem Abgrund der Wiederbetätigung, an dem sich Neo- und Pseudonazis am liebsten aufhalten.
Ludwig Roman Fleischers Roman Aus der Schule plaudert nur vermeintlich aus der Schule. In Wirklichkeit erzählt er von einer total verrückt gewordenen Gesellschaft, die sich mehr oder weniger übel gelaunt täglich am Schultor treffen muß, um so etwas wie die Zukunft zu gestalten. Daher handelt es sich auch nur oberflächlich um einen Schul- oder Schüler-Roman, der tief gelegte Erzählkiel durchpflügt die österreichische Gesellschaft in aufregend burlesker Weise.