Der vorliegende Sammelband vereinigt einige der bisher lose in Zeitungen und Zeitschriften erschienenen und vom Autor neu überarbeiteten Texte. Im Untertitel klingen bereits die Schwerpunkte an: Orte, Bilder, Probleme. Über weite Strecken gelingt es Federmair, in guter essayistischer Tradition Ästhetik und Philosophie, Ethik und Geschichte, Alltagsbetrachtungen und Literatur neu und überraschend zusammenzudenken. Die Filmkunst etwa setzt er in die Nähe der Musik; in Wim Wenders OEuvre entdeckt er eine Fortsetzung des romantischen Erbes der Musik, und zwar ihrer zugeschriebenen Fähigkeit, das „Unsichtbare zeitlich abzubilden“ (S. 87). Ausgehend von Pasolinis „Salò oder Die 120 Tage von Sodom“ fragt Federmair nach dem Verhältnis von Geschichte und Ontologie, von strengem Moralbewußtsein und sinnlicher Naivität im Gesamtwerk Pasolinis.
Die Beziehung zwischen Frida Kahlo und Diego Rivera rollt der Autor anhand von deren künstlerischem Schaffen und mit kritischem Blick auf die vorhandenen Biografien auf.
Und durch Paris zieht er auf Walter Benjamins Spuren als Flaneur, Jules Vernes kürzlich wiederentdecktes Manuskript „Paris im 20. Jahrhundert“ im Reisegepäck, in dem er Gemeinsamkeiten zwischen dem jungen Verne und Georges Eugène Haussmann entdeckt, jenem Oberbürgermeister von Paris, der das Antlitz dieser Stadt im 19. Jahrhundert entscheidend mitprägte.
Besondere Erwähnung verdient Federmairs Einführung in das Denken Jacques Lacans. Er schlüsselt nicht nur en passant schwierige theoretische Sachverhalte klar und leicht nachvollziehbar auf, er wagt auch eine interessante Interpretation der Person Lacan, dessen Verhaltensweise und Vortragsstil er als „subversiv-autoritär“ (S. 135) beschreibt.
In einem weiteren Text umreißt Federmair den Begriff der Gegenwart, vor allem in Hinblick auf das prägende Verhältnis zu den Medien, und beharrt auf einem optimistischen Standpunkt. Ob der Autor dabei nicht einen etwas vereinfachend-naiven Wirklichkeitsbegriff vertritt, darüber ließe sich diskutieren. Fraglich auch, ob der Katalogtext zu Bildern von Mischa Reska („Makel der Geologie“) oder die Bildbeschreibungen in „Pathosreste“ nicht zu speziell sind, zumal man in diesem Sammelband auf keine Abbildungen zurückgreifen kann.