Dem Häuser-Mikado der bis auf den letzten Quadratzentimeter durchökonomisierten Warenwelt einen Biberbau entgegensetzen: „kurze unterbrechung/durch die bruchbude des bibers//nah am wasser gebaut/aus freien stücken//und reinem vergnügen/und der geräusche wegen//zerlegt er sein werk/zerstückelt seine angelegenheiten/in unregelmässige teile//bringt sie in fluss/break and cut“ (S. 66). Die Sollbruchstellen aufspüren und bloßlegen. Das Verschüttete retten und festhalten, in Text und Bild. Das I mal zu einem U zurechtbiegen, sodass sich die Aufmerksamkeit vom oft allzu blauen oder allzu bedeckten Himmel zur Hummel lenkt. Und nicht vergessen: „kürzen“, „runterbrechen“, um elffriede.aufzeichensysteme zu zitieren, der Sprach-Bild-Geräusch-Flut mit Verknappung, die Verdichtung bedeutet, antworten, auch mit einem Ruhepol, Ruhe im Sinne von Konzentration: Das alles und noch viel mehr bietet elffriede.aufzeichnensystemes neues Buch, das im Untertitel als „eine art buch“ vorgestellt wird, womit industrieller Buch-Meterware ein kritischer doppelter Boden beigestellt wird – nicht nur eine Art book art, sondern eine der ganz besonderen Art.
Denn wie in seismograph präsentiert sich elffriede.aufzeichensysteme nicht nur als begnadete Zeichnerin, sondern auch als versierte Autorin, wobei die Ausdrucksformen ohnedies ineinanderfließen und sich über alle Schubladisierungen hinweg zu einem originären und dichten Aufzeichnensystem in Mehr- oder auch Meerzahl auffächern. Bei dem selbst das Kratzen und Schaben der Zeichenfeder auf dem Papier als Stil- und Ausdrucksmittel spannungsvoll genutzt wird – „so wird ein schuh draus“, heißt es im Eröffnungstext des Bandes, und „so wird ein wunderbares Buch draus“ sei daran anknüpfend als Reaktion eines Lesenden hinzugefügt.
Literarisch werden alle Register gezogen und miteinander verbunden: Im Großen und Ganzen als Hörstück angelegt, mit Figuren wie „füsse“, „tee“, „biber“, „mozart“, „salamander“, „hirsch“, können viele Texte auch als vielschichtige Gedichte aufgefasst werden, die der Gesellschaft, dem System und der Sprache auf den Buchstaben-Grund gehen, etwa zum „f“, das „im hof steht“, am „basilikum“ und diesen „gießt“ und aus dem Fragen ragen: „wofür steht das eigentlich?/für sich?“ oder zum „q“, das „jedenfalls / […] in der buchstabenforschung/nicht völlig von der hand zu weisen ist“. An manchen Stellen im Buch wächst die Textmenge prosaisch an, zum Beispiel zu inneren Monologen in Echt-Zeit, und dieses Anwachsen wird auch selbstreflexiv thematisiert, nicht zuletzt, indem sich die Absätze analog zu Verschiebungs- und Verwerfungsprozessen beim Gestein ineinanderschieben, übereinanderlagern, gleichsam zu Gebirgen auffalten, in denen sich schließlich tiefe malerische Tintenseen in Form von sehr expressiven Zeichnungen bilden.
schrei zum hummel stellt viele eindringliche Fragen an diese Plastikwelt und Industriegesellschaft: „überall keine sonne […] aufrecht kriechen? kein widerspruch.“
Und so wie ein Biber sich vorzugsweise in und an Gewässern aufhält, setzt elffriede.aufzeichnensysteme das Stethoskop sensibel und wohlplatziert an den rauschenden Sprachfluss, wodurch vieles erst so richtig hörbar, sichtbar, riechbar wird, und zimmert aus den angespülten und zusammengetragenen Lettern-Bäumen einen Buch-Biber-Bau, der sich wohltuend gewaschen hat.