Petruskomplex ist die Begegnung Eichhorns mit Rom, der ewigen Stadt, die Eichhorn nicht als statisch erlebt, sondern als etwas, das ständig in Bewegung ist: „Die Straßen ein ständiges Weggehen“ (S. 55) heißt es da, Santa Maria wird gesehen als „das fliegende Kirchenschiff im Zug, / durch das Milchmeer des Nebels“ (S. 55) und sogar die aufgehängte Wäsche trocknet in dieser Stadt „schlagartig“ (S. 55). Diese Bewegung überträgt sich auf den Dichter, der selbst auch nicht mehr zur Ruhe kommt, und – hin- und hergerissen zwischen den verschiedenen Extremen (Schmutz, Kunst, Schönheit) – in den Strudel der Stadt hineingerissen wird. Dem Leser beschert dies eine sehr anregende und phantasievolle Reise durch Rom, ermöglicht ihm das Betrachten der Sehenswürdigkeiten, das Beobachten eines Malers, der immer nur ein Segelboot malt; man hört fast den Lärm der Straßen, ebenso wie die Stille mancher Gärten und Winkel, und Eichhorn läßt einen sowohl die würzige Pizza, als auch die stinkenden Abfälle riechen.
„Lebendköder“ hingegen kommt an die Qualität von Petruskomplex bei weitem nicht heran. Nicht deshalb, weil Eichhorn hier weniger lebensfroh schreibt und es sich um sehr kalte, düstere und hoffnungslose Gedichte mit Titeln wie „Schlechtere Zeiten“ oder „Asphalttür, Mülltonnen im Innenhof“ handelt. Vielmehr kann der Leser die Frage, was das Ganze eigentlich soll, wohl nur schlecht beantworten. Die Bilder wirken oft sehr ungeschickt, nicht in ihrer Wahl, sondern in der für den Dichter wohl assoziativen Zusammenstellung, die ein Nachvollziehen aber sehr schwierig macht: „du, Maske,/ erfundener Glückslauf, Tetrapack am Kopf, / brüllende Hosenform, Schwester, alles, / Bischofsmütze, Raumspray, der große Topf, /“ (S. 23, aus „Die Schaufenster, die Straßen, die harten Türen“). Nahezu besessen scheint Eichhorn von Katzenklos zu sein, die immer wieder in den Teilgedichten vorkommen (eine Hommage an Harpe Kerkeling?).
Das Gedicht Petruskomplex ist gelungen, die Zusammenstellung des gesamten Bandes jedoch nicht.