#Sachbuch

Die Sprache des Widerstandes ist alt wie die Welt und ihr Wunsch

Karin Ballauff

// Rezension von Magdalena K. Menzel

Frauen in Österreich schreiben gegen Rechts.

Auf die Suche nach der Sprache des Widerstandes haben sich die Herausgeberinnen Karin Ballauff, Martina Kopf und Johanna Meraner anläßlich der ÖVP-FPÖ-Regierungsbildung gemacht und dabei äußerst unterschiedliche Sprachen gefunden. Dieser Band widerlegt eben durch die Inhomogenität der Ausdrucksformen der mehr als siebzig Autorinnen bzw. Autorinnenkollektive die gebetsmühlenhafte Beschwörung einer „linksextremen Chaotengruppe“, die angeblich den Widerstand gegen die aktuelle Regierung in Österreich darstellt.

In diesem uneitlen Buch geht es nicht darum – Spieglein Spieglein an der Wand -, die beste Schreiberin im ganzen Land, die bessere Feministin, die klügere Denkerin, die schärfste Formuliererin zu sein. Die Texte sind als Zeitungsartikel, Beiträge zu Widerstandslesungen, Gedicht- und Prosabände, psychologische, philosophische, kunst- und kulturpolitische Abhandlungen entstanden bzw. aus solchen entnommen, zum Teil schon vor den dieses Buch auslösenden Ereignissen, zum Teil dezidiert als Reaktion darauf verfaßt.
Es sind essayistische, literarische und lyrische Texte von Frauen, deren älteste schon in den (19)30er Jahren wußten, was „ja keiner gewußt hat“ und, das Unvergleichliche nicht vergleichend, dennoch Töne wahrnehmen, die das Jetzt-Wissen und Jetzt-Sagen notwendig machen; bis zu Texten von Frauen der Generationen, die mit der „Aufarbeitung der Geschichte“ und dem Rufen nach einem „Schlußstrich unter die Vergangenheit“ aufgewachsen sind und erkannt haben, daß eine Wiederholung nicht nötig ist, um die Fortsetzung von etwas zu sein.

Die Autorinnen sind – und das ist, denke ich, die Stärke dieses Buches – sicherlich alles andere als eine uniforme Kampftruppe, die als ein Kopf mit vielen Körpern einer Führerin hintennach marschiert; ich bin sicher, diese Frauen sind über sehr viele Themen sehr unterschiedlicher Meinung, sind von Alter, Herkunft und Lebensweg ein Querschnitt (des weiblichen Teiles) Österreichs.
Diese Sammlung stellt in sich – wiewohl als Statement gegen etwas – allein durch ihre Zusammenstellung einen ermutigenden Entwurf für eine Demokratie dar, die Österreich sein könnte: Eine Vielfalt unterschiedlichster Sprachen, Farben, Töne, die auf engen 365 Seiten sehr gut miteinander leben können.

Der Band ist in vier Kapitel gegliedert, deren Bezeichnungen jeweils einem der darin enthaltenen Beiträge entnommen ist:
„Ich ärgere mich schwarz und blau“
(Karin Spielhofer; mit Christine Werner, Heidi Pataki, Anna Mitgutsch, Karin Rick, Christa Nebenführ, Ulrike Kadi, Erika Danneberg, Elfriede Jelinek, Monika Vasik, Silvia Stoller, Ingvild Birkhan, Petra Öllinger, Ricarda Bilgeri, Eva Jancak, Ulrike Ulrich, Ilse Krüger),
„Widerstand ist viel zu wenig“
(Eva Rossmann; mit Veronika Zangl, Eva Poltrona, Barbara Klein, Eva Geber, Lika Trinkl, Frauenhetz, Gudrun Perko, Ilse Kilic, Autonome FrauenLesben Wien, Helga Pankratz, Lisa Appiano, Waltraud Schlögl, Elfriede Hammerl, Katharina Pewny, Alice Pechriggl, Marlene Streeruwitz, Michaela Opferkuh, Dagmar Benedikt, Ruth Devime, Maria Moser, Doris Kloimstein, Ursula Kubes-Hofmann, Barbara Hundegger),
„Eure Sprache ist nicht meine Sprache“
(Rubia Salgado, MAIZ; mit Ishraga Mustafa Hamid, Beatrix M.Kramlovsky, Inka Pekarek, Nahid Bagheri-Goldschmied, Brigitte Tauer, El Awadalla, Grace Latigo, Britta Mühlbauer, Amina Baghajati),
„Wenn ich hinter dem Haus gehe und wühle“
(Friederike Mayröcker; mit Doris Hana, Barbara Strauss, Helga Pankratz, Sabine Bergthaler, Marlene Streeruwitz, Margret Kreidl, Barbara Neuwirth, Dorothea Macheiner, Neda Bei, Barbara Wochner, Sylvia Treudl, Angelika Rauch, Hilde Schmölzer, Stella Rotenberg, Ditha Brickwell, Petra Öllinger, Ingrid Lavee, Karin Schöffauer, Heidi Pataki, Petra Ganglbauer)

Karin Ballauff Die Sprache des Widerstandes ist alt wie die Welt und ihr Wunsch
Texte.
Wien: Milena, 2000.
365 S.; brosch.
ISBN 3-85286-080-6.

Rezension vom 27.11.2000

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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