Auf der Ebene des Erzählerischen lassen die beiden Autoren, denen unhinterfragter Story-Einsatz ebenso ein Greuel ist wie unhinterfragter Erzählverzicht,einen gewissen Inspektor Lammpo, die Figuren Artur Turl, Elvira Schmalztögel, einen Pauli, etc. durch ihre Zeilen geistern und gelegentlich auch handeln. Elvira ist den beiden Dichtern jeweils fiktive Geliebte, eine im Schmalztögel des Poetischen aufbewahrte Beatrice, der Inspektor mit oberflächlich-lautlicher Ähnlichkeit zu seinem Fernseh-Vorbild ist ein lässig-lästig auftretender Detektiv des Poetischen, Literarischen mit unabsehbaren Erfolgsaussichten auf Lösung seines Falles.
Auf der stärker mit der Realwelt koppelbaren Schicht ihres feinhäutigen Gemenges bringen Franzobel und Steinbacher Personen des gegenwärtigen wie des kanonisierten Literaturbetriebs ins Spiel: Lenz und Goethe besteigen Hügel, Chamisso wandert durch Wälder, Dominik Steiger weiß um die Notwendigkeit von „Zibeben“ für den „Reis“, und die „aus phonetischen Gründen gegen das Alphabeth Gereihten“ (Schmatz & Czernin) stehen Pate für literarisches wie poetologisches Schaffen.
Darüber hinaus geben die beiden Autoren mit der Existenz ihres Buches der oft beschworenen These vom „Tod des Autors“ eine überraschende Wendung: Unter Binsen ist als zeitversetzter Dialog, als Schrift und Gegenschrift entstanden; Eingriff in die Partien des anderen, Imitation der Eigenwilligkeiten des jeweils anderen haben die Urheberschaft der Textstellen unidentifizierbar, selbst für unseren tüchtigen Lammpo unentwirrbar gemacht.
Im hinteren Teil des Buchs knüpfen Steinbacher/Franzobel die Masche zur Übermasche und bürsten die gemeinsam erarbeiteten Textstellen noch einmal gegen den Strich: Den Sprung von einem Bildbereich in den anderen, von einer sinnlich wahrnehmbaren Ebene zur anderen – wobei das Genüßlerische dominiert – meistern die beiden mit Bravour – wenngleich analytische Schärfe damit partout auch übersprungen wird.
So präsentiert sich Unter Binsen als auf sich selbst angewandte Poetologie,verwandelt in Dichtung, als ein unhintergehbarer Befund des Poetischen,wenn man es feiern läßt – und den damit einhergehenden Kater ernst nimmt.