Der heuer nahezu unentbehrlich anmutende Lebensbegleiter 2000 vereint Visionen, Hoffnungen, Utopien, Neuanfänge von Schreibenden quer durch Länder und Jahrhunderte, streut aber auch enttäuschte Erwartungen und fehlgeleitete Lebensversuche zwischen eine allzu blauäugige Aufbruchshaltung. Auf manchen Wochenblättern findet sich eine Art Losung fürs Weiterleben: „Das wichtigste ist, eine Vision zu haben. Das nächste ist, sie zu ergreifen und festzuhalten“ (Sergej Eisenstein), andere wiederum vermitteln eine banalere Überlebenshaltung : „… es genügt, von Tag zu Tag gemütlich weiterzuschlittern“ (D. H. Lawrence). Und wenn Hölderlin im ausklingenden 18. Jahrhundert seinen Glauben an kommende Zeiten ohne „der eiskalten Zone des Despotismus“ formuliert, eröffnet sich von selbst die Brüchigkeit gültiger Lebens- und Zukunftskonzepte. Und Elsa Morante bedeutet Zukunft nur „blendender Mittag oder blinde Mitternacht, wo es keinen mehr gibt, auch mich nicht“. Wohltuend lesen sich so in der Folge einlässige Lebensweisheiten wie jene von Octavio Paz „Morgen gilt es aufs neue, die Wirklichkeit dieser Welt zu erfinden“ oder von Antoine de Saint-Exupéry „… dieser vielstimmige Gesang der kleinen Dinge, die unser Lohn sind“. Daneben steht die große staatstragende Idee Libuse Moníkovás: „Bei meinem täglichen Blick auf die Karte verschiebe ich die Grenzen von Böhmen des öfteren“, die in der Vision mündet, „die Vorschläge der Dichter zu bedenken, statt die Teilung der Welt Politikern zu überlassen, die nicht lesen“. Überhaupt die Welt durch „wandernde Geschichtenerzähler“ zu begreifen, phantasiert berührend der heuer einzige österreichische Schriftsteller Elias Canetti: „Du besitzt nichts, nur eine unendliche und immer wachsende Zahl von Geschichten. Am schönsten wäre es, du könntest von den Worten allein leben und brauchtest auch nicht zu essen.“
Diese 53 Wochenblätter Lebenshilfe sind zusammengestellt aus wissenschaftlichen Aufsätzen, Briefeditionen, Autobiografien, Romanen, Gedichten, denen penible Quellenverweise am Kalenderende zugrunde liegen. Seite für Seite ist zudem farbig (meist blau oder gelb) unterlegt mit meist ungewöhnlichen, unbekannten Autorenfotos. Deren schönstes zweifellos die Titelaufnahme: eine vergnügte lachende Frau mit Spitzenhütchen und Stöckelschuhen strampelt auf dem „Cyclograveur“, der Fahrrad-Zeichenmaschine von Jean Tinguely – mit all dem Zauber und Übermut wahrer Abenteurerinnen in neuen Zeiten.