Das Buch, zur gleichnamigen Ausstellung im Jüdischen Museum Wien (14.11.2001 bis 24.4.2002) erschienen, versammelt Beiträge von Marina Dimitrieva-Einhorn, Daniela Strigl, Christine Oertel, Monika Bugs, Christine Ivanovic, Peter Bogner, Joachim Seng, Jürgen Lütz, Walter Methlagl, Milo Dor, Barbara Wiedemann und Lydia Koelle, ergänzt durch ein Nachwort von Karl Albrecht-Weinberger und Texte der Herausgeber. Sie alle beleuchten nicht nur Celans Wiener Lebenssituation als „Displaced Person“ und sein Verhältnis zur Wiener Avantgarde – ein ebenso forcierter wie illusionslos aufgegebener Versuch einer Einbindung ins literarische Leben -, sondern auch das soziale und geistesgeschichtliche Umfeld Nachkriegs-Österreichs.
Daß man sich mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit schwer tat, brachte für den aus Cernowitz kommenden Juden Paul Antschel von Anfang an schmerzliche Konflikte, gerade in der Beziehung zu Kollegen. Celan mied den Kommunikationsort Kaffehaus ebenso, wie er sich, wie Walter Methlagl deutlich machen konnte, gegen eine Vereinnahmung in „österreichische Geistigkeit“ wehrte. An Alfred Magul-Sperber schreibt Celan im Dezember 1947: „Wie Sie ja wissen, erscheint eine größere […] Auswahl meiner Gedichte im Januarheft des Plan. Herr Basil ist sehr nett zu mir, aber mit Literatur, besonders mit Poesie, läßt sich hier in Wien nicht viel anfangen“.
Durch die Person Celans, durch detailliert recherchierte Kontakte und Orte wird weit mehr als nur ein individuelles Schicksal lebendig – es erhält einen Namen und mit ihm exemplarisch die Spur des kollektiven Gedächtnisses. Die durchweg engagierten und nur bisweilen etwas zu pietätvoll gehaltenen Artikel (die den heutigen Forschungsstand, wie ihn der gerade vorbildlich edierte Briefwechel zwischen Celan und seiner Frau Celan-Lestrange dokumentiert, nur bedingt spiegeln) geben nicht zuletzt durch die Fotographien ein facettenreiches und kritisches Bild: Zwei Jahre nur, doch waren es Begegnungen mit Weggefährtinnen und Weggefährten (allen voran Ingeborg Bachmann, Weigel, Federmann und Demus), die weitertrugen. In doppeltem Sinn. „Paul war in Wien ein Fremder und blieb es auch in Frankreich“. Das schreibt einer seiner treuesten Freunde, Milo Dor.