Bertolt Brechts berühmte, im schwedischen Exil verfasste Zeilen können auch als Versprechen gelesen werden – als Versprechen, die Erinnerung an jene Menschen, die ins Exil getrieben wurden, im Gedächtnis zu bewahren.
Die Arbeit gegen das Vergessen und das Verdrängen ist seit 30 Jahren unverzichtbare zentrale Aufgabe der Österreichischen Exilbibliothek (ÖEB).
1993 wurde die ÖEB vom damaligen Kunstminister Rudolf Scholten nach einem Konzept des Germanisten und Exilforschers Klaus Amann im Literaturhaus Wien gegründet, um Leben und Arbeit österreichischer Schriftsteller:innen und Künstler:innen in Exil und Emigration seit 1933/38 zu dokumentieren. Seither hat sie sich zur größten Spezialbibliothek zum künstlerischen Exil in Österreich entwickelt – mit u. a. über 9.000 Bänden Fachliteratur (darunter seltene Erstausgaben und Exilzeitschriften), einer mehr als 7.000 Personen umfassenden bio-bibliografischen Datenbank sowie einer umfangreichen Foto-, Audio- und Videosammlung.
Neben klassischem Archivgut – Manuskripte, Lebensdokumente und Briefe – zu über 100 Personen, sammelt die ÖEB auch Dinge wie Hüte, Gemälde und Spielzeug. Mit diesen Objekten werden zugleich auch Lebensgeschichten bewahrt – von Menschen unterschiedlichster Professionen, die in verschiedene Länder flohen, darunter England, USA, Palästina, Mexiko, Bolivien, China, Marokko, Schweden und Indien.
Die ÖEB ist auch ein sehr aktiver Vermittlungsort: sei es für Studierende, Forscher:innen, Journalist:innen oder andere Interessierte. Zu den vielfältigen Angeboten gehören Veranstaltungen, Ausstellungen, Publikationen sowie Workshops für Schüler:innen und Studierende. Für die noch lebenden Künstler:innen des Exils bzw. für deren Familien und Nachkommen ist die ÖEB eine wichtige Ansprechpartnerin, Hilfestellerin und Ratgeberin.
Im Sinne eines lebendigen Erinnerns hat die ÖEB 30 Personen eingeladen, sich ein „Ding“ aus der Sammlung auszusuchen und es zum Sprechen zu bringen und eine Geschichte zu dem Objekt und/oder deren früheren Besitzer:in zu erzählen.
Exilant:innen, Nachkommen, Schriftsteller:innen, Künstler:innen und Wissenschaftler:innen präsentieren in Text-, Bild- und Tonbeiträgen ihre jeweils eigenen Zugänge zu den Erinnerungen, die in den Dingen wohnen.
Zu sehen sind Beiträge von: Sylvia Asmus (Henriette Mandl), Ruth Bendl (Elisabeth und Heinz Markstein), Tim Corbett (Kurt Weinberg), Ann Cotten, Nele Hazod und Mario Schlager (Familie Grünfeld), Kathleen Dunmore (Maria Lazar), Ingrid Gaier (Anna Heilig), Erich Hackl (Susanne Wantoch), Casey J. Hayes (Oscar Teller), Roberto Kalmar (Fritz Kalmar), Heike Klapdor (Elsie Altmann), Helene Kluger-Langer (Hanna Kuh), Oona Lind-Napier und Leo Orlando Napier (Jakov Lind), Raoul Kneucker (Charles Lovy), Brigitte Mayr und Michael Omasta (Wolf Suschitzky), Anne-Rose Meyer (Jimmy Berg), Agathe C. Nadai (Cilli Wang), Astrid Nischkauer (Alisa Stadler), Doron Rabinovici (Alice Schwarz-Gardos), Rudolf Scholten (Ernst Gombrich und Hilde Zaloscer), Ursula Seeber (Jesse Thoor), Lore Segal (Lore Segal), Katrin Sippel (Bruno Schwebel), Barbara Staudinger (Mimi Grossberg), Georg Stefan Troller (Familie Troller), Sibyl Urbancic (Hilde Zaloscer), Vladimir Vertlib (Boris Brainin), Barbara Weidle (Bettina Bauer-Ehrlich), Judith Weinmann-Stern (Desider Stern), Daniel Wolf (Edmund Wolf), Barbara Zeman und Robert Stadlober (Alice Penkala).
Begleitend zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit allen 30 Beiträgen.