„Als vor einigen Monaten das Literaturhaus Wien den Vorschlag gemacht hat, eine Residency in der Wohnung von Friederike Mayröcker einzurichten, war ich begeistert. Jetzt ist es soweit: Die Renovierung ist abgeschlossen, und der Call für das erste Poets-in-Residence-Programm des Landes geht online“, so Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer anlässlich des Projektstarts im Juli 2024.
„Heuer im Dezember jährt sich zum 100. Mal der Geburtstag von Friederike Mayröcker. Und schon im darauffolgenden Jänner wird die erste Dichterin oder der erste Dichter ihren bzw. seinen Residency-Aufenthalt antreten. Die legendäre Wohnung Mayröckers in der Wiener Zentagasse wartet schon darauf, wieder als poetische Kreativwerkstatt genützt zu werden. Dort hat Friederike Mayröcker inmitten von Büchern, Zetteln und Körben voller Notizen auf einer Hermes Baby poetische Welten entworfen, die zwar mit den 26 Buchstaben unseres Alphabets auskommen, aber nie zuvor auf diese Weise geschrieben worden sind.“

Das Friederike-Mayröcker-Residence-Programm für Lyrik

Friederike Mayröcker hat ihre letzten 21 Lebensjahre in einer Wohnung in der Zentagasse im 5. Wiener Gemeindebezirk verbracht. In dieser 80 m² großen Dachgeschosswohnung hat die Dichterin schreibend und lesend ihren eigenen Kosmos erschaffen; dieser besondere Ort wird ab Jänner 2025 an ausgewählte Lyriker:innen vergeben.

Friederike-Mayröcker-Residence – Call

Das Programm richtet sich an Poet:innen jeden Alters, die inhaltlich, stilistisch oder formal innovative Wege beschreiten. Besonders gefördert werden der interkulturelle Austausch und die Vielfalt aktueller poetischer Diskurse weltweit. Die Teilnehmer:innen erhalten die Möglichkeit, sich mit der österreichischen Literaturszene zu vernetzen und an Begegnungen mit Autor:innen sowie Vertreter:innen der Literaturbranche teilzunehmen.
Über die Vergabe der Stipendien entscheidet eine international besetzte Jury, der für das erste Jahr (2025) Anja Zag Golob (SLO), Heike Fiedler (CH/D) und Josef Haslinger (A) angehören.

Heike Fiedler, *1963, lebt und arbeitet seit 1987 in Genf. Autorin, Performerin, Bild- und Lautpoetin. Seit 2000 performt sie ihre Texte unplugged und/oder mit Laptop, modul8, realtime-Elektronik; forscht zu performance writing. Hörstück phonetica helvetica zur realen Sprachenvielfalt in der Schweiz, in Afrika usw. Bücher (u. a.): langues de meehr (2010), Tu es! hier. Gedichte & Sprechtexte (2022). „Ein zentrales Anliegen der Poetik Heike Fiedlers ist die Simultaneität der verschiedenen Sprachen in der alltäglichen wie der poetischen Verwendung“, schreibt Franz Mon.

Anja Zag Golob, *1976, ist die derzeit wohl prägnanteste poetische Stimme Sloweniens. Sie ist Mitbegründerin und Herausgeberin des Verlags VigeVageKnjige und lebt als Autorin, Übersetzerin und Publizistin in Maribor. Bücher (u. a.): ab und zu neigungen (2015), Anweisungen zum Atmen (2018) sowie zuletzt dass nicht (2022).
„Lyrik, das wäre dann auf jeden Fall Lyrik“, antwortet Anja Golob auf die Frage, was sie in einer utopischen Welt machen würde, in der materielle Dinge keine Rolle spielten.

Josef Haslinger, *1955, zählt seit dem Erscheinen des Politthrillers Opernball (1995) zu den wichtigsten zeitgenössischen Autor:innen der deutschsprachigen Literatur. 1977 bis 1992 Mitherausgeber der Literaturzeitschrift Wespennest. 1992 Mitbegründer der antirassistischen Plattform „SOS Mitmensch“, 1996-2021 Professor für literarische Ästhetik am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Zahlreiche Veröffentlichungen, Preise und Auszeichnungen. Bücher zuletzt: Jáchymov (2011), Child in Time (2019), Mein Fall (2020).