Komposita über alles!
Wer versucht, Zauner nicht linear, sondern gegen den Strich zu lesen – wie es vom Autor wohl auch beabsichtigt sein dürfte – wird bald feststellen, dass seine Komposita keinem bestimmten Muster folgen. Tiere kommen viele vor, der Panther zum Beispiel des Öfteren, eine Figur, die bei einem österreichischen Schriftsteller natürlich nicht fehlen darf, obwohl deren berühmtester Adept ja gerne von den Deutschen für sich reklamiert wird. Aber für Impressionismus hat Zauner wiederum gar nichts übrig, auch nicht für Dialekt, wie ein anderer Kollege, der gerne mit schwarzer Tinte beschreibt, was ist und was noch werden könnte.
Mit Axt statt Feder
Zeilen wie „prasselsogregen im graffiti kräht rachenwurfloderlockendistel“ oder „sonnenknutschstrahl von poren poliert rupft stelflügelfliesen“ und „trüffel schäumender gockelheld knickst kläfffpfützenloopgold“ zeigen, dass Hansjörg Zauner an seinen Wortkreationen Freude hat und wie ein Schmied zu Werke geht, unter dessen Amboss bei heißer Glut gearbeitet werden muss – erkaltet das Wort, erkaltet die Seele und gerade diese soll doch geformt werden. Zauners Sprache ist nicht federleicht oder anschmiegsam schmeichlerisch, nein, seine Komposita haben Wucht und hämmern sich in das Zwerchfell. Heavy Metal eben. Wie sagte schon ein großer Romancier aus dem Österreich der Jahrhundertwende? „Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“ Hansjörg Zauner zieht mit einer solchen Axt in den Wald der Worte und es sind viele Bäume, die dabei fallen.
Die in der Rezension erwähnten österreichische Dichter in der Reihenfolge ihres Auftretens:
Ernst Jandl (1925-2000), Rainer-Maria Rilke (1875-1926), H.C. Artmann (1921-2000), Franz Kafka (1883-1924).