Kaum ein Text ist daher auch länger als zwei, drei Seiten, kaum ein Gedanke, der wirklich bis zu Ende verfolgt würde. Eisendle grast vielmehr mit großer Lust Bedeutungsfelder ab, gibt fremde Rede wieder (was sagt Lichtenberg zu, was meint Adorno über, was versteht der Volksmund unter), reiht enzyklopädisches Wissen aneinander. Im besten Fall entsteht so ein schillerndes Gedankenkaleidoskop, das anregt, das kurz Angesprochene weiterzudenken, zu vertiefen, oder auch zu verwerfen, denn Eisendle schwingt sich mitunter zu Allerweltsbehauptungen von provokanter Eindimensionalität auf: „Videospiele wirken intelligenzhemmend und fördern die Ignoranz.“ Der Autor hat sich nämlich vorgenommen „von den Höhen der Gescheitheit in die grünen Täler der Dummheit“ (S. 53) vorzudringen. Etwa über „Kunst, österreichische“ kann man folgendes lesen: „Österreichs Kulturschaffende sind am eigenen selbstdargestellten Erfolg erblindet. Bis auf wenige Ausnahmen. Waldmüller und Lassnig. Muhr. Eisendle. Nein, nicht ich. (…) Ein paar Junge gibt es. Vielleicht die kleine Klara, wenn sie Krixikraxi macht und Ente sagt.“ (S. 59f.)
Eisendles Methode ist es, Gedanken, Hypothesen aufzugreifen und in der Folge zu verifizieren oder zu falsifizieren. Dabei gestattet sich der Autor gerne auch Gedankenfehler, zieht falsche Schlüsse. Er flüchtet jedoch nie in die billige Pointe, allerdings leider auch nie in wirklich abseitige, verschrobene Ansichten, die gänzlich neue Sichtweisen eröffneten. Seine Glossen, Aphorismen, Kommentare und kurzen Geschichten sind allesamt pointenlos, vielfach unspektakulär, mehr Skizzen denn Ergebnis, das eine eindeutige Aussage transportieren möchte. Eisendle sind Fragen wichtiger als schnelle Antworten. So umkreist er seine Themen von den verschiedensten Richtungen und Standpunkten.
Kontrapunktisch wiederkehrendes Thema der streng alphabetisch geordneten Kurztexte (von „Abendsport“ bis „Zweimal“) ist die vielfache Bedeutung der meisten Wörter, in Anlehnung an Paul Valéry, der mehrdeutige Charakter der Sprache. Sprachphilosophische Grundüberlegungen (was bedeutet abstrakt, gibt es das Ding-an-sich? Wie verhalten sich die Sprache, die Sinne zur Welt?), sind dermaßen konstruiert, daß große Denker neben Kinderlogik, Komplexes neben ganz Banalem zu finden ist.
Eisendle begibt sich auf die Suche nach größtmöglicher Einfachheit, wählt dazu jedoch ein sehr verspieltes Stilprinzip. Der Autor mit eigenen Worten: „Wie Kinder über ein einfaches Vokabular die Sprache und die Welt der Worte kennenlernen, fordert der komplizierte Zustand unserer Zeit und meiner Welt ein Vokabularium, ein Alphabet des Sehens und Deutens und Empfindens, des Wahrnehmens von Dingen, einfachen Dingen, die Erfahrung einer Dingwelt, einer künstlichen Welt.“ (S. 28)