Barcelona Blues beginnt mit einem Paukenschlag: Rob Fresa hat die letzten 24 Stunden nicht geschlafen, pausenlos geraucht und Kaffee getrunken und in ohrenbetäubender Lautstärke Patti Smith gehört. Geldtasche und Tank sind leer. Keine guten Vorzeichen. An einer Tankstelle in Spanien gerät er mit dem alten Pächter ins Gespräch, die beiden unterhalten sich nett, bis Fresa einen Pfefferspray zückt, dem Alten die volle Ladung ins Gesicht sprüht und die Kasse leert.
Beim nächsten Überfall hat Fresa, ein ehemaliger Barkeeper, dem eine Frau das Herz gebrochen hat, Pech. Als er den fetten Tankwart mit einem Pfefferspray außer Gefecht setzen will, funktioniert der Spray nicht und der Dicke holt grinsend eine Schrotflinte hervor, mit der er auf Fresas Gesicht zielt. In diesem Moment betritt Frank Kretschmer zufällig den Raum und wirft dem Tankwart reflexartig einen Erste-Hilfe-Koffer auf den Kopf. Er trifft, der Tankwart geht zu Boden, die zwei flüchten mit einem Bündel Geldscheine.
Fresa und Kretschmer haben eine Gemeinsamkeit: Beide haben kein Geld, sind völlig abgebrannt, darum befreunden sie sich und flüchten gemeinsam. Außerdem wollen beide ihr früheres Leben vergessen. Kretschmer hat noch dazu das Pech, zu viel über seinen korrupten Schwiegervater zu wissen. Der hat einen Killer auf den Schwiegersohn angesetzt, der sich an Kretschmers Fersen geheftet hat. Ähnlich wie im Film I hired a contract killer von Aki Kaurismäki agiert ein alternder, müde gewordener Killer, dem der Job mehr Frust als Lust bereitet und dem schließlich einige verhängnisvolle Fehler unterlaufen.
Die beiden stranden schließlich in Barcelona, wo sie in einer leerstehenden Wohnung hausen und Sonnenbrillen an den Mann zu bringen versuchen, was ein wenig Geld abwirft. In Barcelona tummeln sich allerhand sonderbare Gestalten: „Er plauderte eine Zeitlang mit einem österreichischen Journalisten, der mit Die Frauen der Tierärzte der Hunde der Nazis einen Sachbuchbestseller gelandet hatte und jetzt durch die Gegend fuhr und das Leben genoß.“
Jedenfalls ist in der Brieftasche schnell wieder Ebbe. Fresa, der auf ältere Frauen steht, hat dann eine wahnwitzige Idee: Unternehmen Sara Nielsson. Er will den ehemaligen Rockstar Sara Nielsson kennen lernen, was ihm wider Erwarten auch gelingt. Es funkt sogar zwischen den beiden. Stünden da nicht der Leibwächter Tom Sand und ihr Geliebter Massimo im Weg …
Jürgen Benvenuti hat einen spannenden, unterhaltsamen Krimi geschrieben, streckenweise angelegt wie ein guter roadmovie. Seine literarischen Vorbilder liegen eindeutig im amerikanischen Raum – es wird geschossen und geflucht, verfolgt und entführt und im Unterschied zu vielen anderen deutschsprachigen Krimis ist „Barcelona Blues“ nicht mit philosophischen Reflexionen aufgemöbelt. Benvenuti bleibt bei dem, was er kann – nämlich spannende Geschichten erzählen – und das kann er gut. Vor allem im Spiel mit trivialen Elementen beweist er seine Meisterschaft, was oft zu komischen Szenen führt.
Störend ist allein das im Laufe der Lektüre „befürchtete“ Happy-End. Da schmiert einem Benvenuti den Kitsch um die Ohren, dass es nur so trieft. Man verliebt sich einfach nicht auf Kommando!
Lästig sind auch einige Rechtschreibfehler, die das schlampige Lektorat übersehen hat.
Trotzdem: ein gelungenes Buch mit eigenwilliger, charmanter Handlung und liebenswerten Hauptfiguren.