Peter Landerl wandelt in seinen acht Erzählungen auf den Spuren dieser aufregenden Kulte, die aus Widerstand, Selbstvernichtung, Wunsch nach Transzendenz, Opposition und Lebenslust waghalsig zusammengesetzt sind. In der titelstiftenden Erzählung Blaustern berichtet der Erzähler melancholisch, wie seine Schwester verschwunden ist und mittlerweile an einem unbekannten Ort verwest. Garniert ist dieses Verschwinden mit den Zutaten einer scheinbar heilen Familie, die letztlich im entscheidenden Moment nur Fassungslosigkeit aufzubieten hat. Der Vater schlägt als Spontan-Therapie einen Besuch im Tiergarten vor, der Erzähler schlägt hilflos den letzten Freund der verschollenen Schwester zusammen, und der Blaustern verliert im leeren Zimmer sang- und klanglos eine seiner Blüten.
„Monty & Sarah“ ist der coole Dialog nach Ablauf der Beziehung. Wie in der Tele-Show „Herzblatt“ erzählen die beiden Ex-Liebenden in getrennten Interviews aus ihrer Sicht vom Verhältnis und der notwendigen Trennung. Zwischen Schutzbehauptung, Betroffenheit und Schadenfreude lassen die beiden durchblicken, daß ihre ehemalige Beziehung ein Lehrstück für das Leben gewesen ist, das offensichtlich der pure Zufall für sie ausgesucht hat.
„Cola und Oliven?“ sind die Fetische für einen langen Sommer voller Einsamkeit und Sehnsucht, der sich trotz aller Bemühungen nicht in den Griff kriegen läßt. Zwar werden ununterbrochen Songs angespielt, die ein punktuelles Zeitgefühl vermitteln sollen, aber die Arrangements der Unterhaltungs-Industrie reichen nicht an die Bedürfnisse des klagenden Individuums heran. So bleibt es bei Inszenierungsversuchen, in denen letztlich nur mehr der seltsam originäre Geschmack von Cola und Oliven als Erinnerung übrig bleibt.
Rigide Eltern, die selbst keinen Plan fürs Leben haben, das weite Land der Liebe als Kampfarena mit sich selbst und den eigenen Wünschen sind weitere Motive und Handlungsträger.
Peter Landerls Erzählungen beinhalten aufrichtige Auseinandersetzungen mit schnellen Bildern und Songs, die sich oft schon während der Niederschrift in Ironie auflösen. In den Geschichten der Jugendlichen gibt es wenigstens Suche, Hoffnung und aufkeimende Selbstironie, während die Erwachsenenwelt implizit und explizit „nackte Scheiße“ ist. Blaustern ist ein wohltuend ehrliches und spannendes Buch, das auch Leser mit festen Vorstellungen auf ihrem Ritt durch den Lebenssinn zwischendurch kurz aus dem Sattel zu heben vermag.