Allen AutorInnen gelingt es, komplexe Sachverhalte gut nachvollziehbar darzustellen, ohne zu simplifizieren; Brüche und Kontinuitäten im Verlauf eines Jahrhunderts werden deutlich gemacht. Die Beiträge sind jedoch kein Kaleidoskop voneinander unabhängiger Bilder, sondern so aufeinander abgestimmt, daß sie sich ergänzen und dadurch zu einem Mosaik politisch-historischer Realitäten zusammenfügen. Daß diese einem ständigen Wandel unterworfen sind – wie auch die ausgewählten Begriffe selbst – wird bewußt gemacht. Anton Pelinka stellt die Entwicklung eines österreichischen Demokratieverständnisses – von der Autokratie zur Konkordanzdemokratie – durch Vergleiche mit anderen Staaten in einen größeren Kontext. Daran anknüpfend beschreibt Fritz Plasser die Parteien mit ihrem politisch-kulturellen Integrationsmilieu und Symbolgehalt; ihre zunehmende Erosion analysiert er vor dem Hintergrund einer pluralen und differenzierter gewordenen Gesellschaft. Auch die Akteure im Rahmen der Außenpolitik haben sich – gemessen an Anzahl und Divergenz – geändert, wie Peter Filzmaier ausführt. Auffallend und nicht unproblematisch ist, daß er der Neutralität eine klare Absage erteilt. Reinhold Gärtner bietet eindrucksvolle Beispiele (etwa anhand der Tiroler Tageszeitung) für die Facetten und Funktionen des Antisemitismus. Anzumerken ist lediglich die etwas mißverständliche Formulierung, „wenn Juden gebraucht wurden, war er [der Antisemitismus] schwächer, wenn sie nicht gebraucht wurden, war er stärker“. Richard Hussl berücksichtigt in seinen Analysen zur Arbeitszeit als Spiegel des sozialen Wandels die Veränderungen des Zeitverständnisses. Verbindungen ergeben sich zu Sieglinde Rosenbergers Artikel über die Rolle der Frau im Jahrhundert der „langsamen Angleichung“ der Geschlechter, bedingt auch durch die Errungenschaften der politischen Philosophie und feministischen Kritik. Erna Appelts erhellende Reflexionen über historisches und politisches Begriffsinstrumentarium (etwa der „Vergangenheitsbewältigung“) hätten gut als Einleitungsbeitrag gepaßt. Sie thematisiert nicht nur die Ambivalenz der kollektiven und individuellen Geschichtswahrnehmung, sondern macht auch bewußt, daß historisches Gedächtnis und Erinnerung konstruiert, daß Geschichtsbilder produziert werden und durch Re-konstruktion in ihren Funktionen – etwa als Legitimationsstrategien – zu bewerten sind. „The World’s Image of Austria“ (Tom Schlesinger) schließlich reflektiert die Außensicht: Österreichs Position in Zentral- und Osteuropa, seine Bildungs- und Kulturpolitik, aber auch rechtsextreme Tendenzen innerhalb der politischen Landschaft.
Die Blitzlichter signalisieren schon im Titel das selektive Prinzip der Auswahl. Die Katholische Kirche allerdings wäre als eine der prägenden Konstanten gerade im gesellschaftlichen Gefüge Österreichs durch ihre Verwobenheit mit der Politik ein eigener Beitrag wert gewesen – ist sie doch im Kontext (so etwa bei Schlesinger) wiederholt präsent. Als „Einstiegslektüre“ in die politische Geschichte Österreichs und gerade als Lehrmaterial für Schulen im In- und Ausland sind die Blitzlichter brauchbar und empfehlenswert.