Dabei hat alles recht harmlos angefangen, mit einer kleinen Verschwörung von Frauen, die einem machoiden Stadtrat eins auswischen wollten. Ein paar kompromitterende Akten werden geklaut, ein Skandälchen in Vorwahlzeiten provoziert, nur eine kleine Bosheit, so wars gedacht. Doch natürlich kommt alles ganz anders, kein Krimi, wenn es nicht so wäre.
Antonias Tod macht der vergnüglichen Konspiration ein Ende. Die Recherchen zweier Freundinnen bringen wenig Erfreuliches aus dem Privatleben des Opfers ans Tageslicht: Opfer war die Tote nämlich schon zu Lebzeiten, Gewaltattacken ihres drogensüchtigen Freundes ausgeliefert – der sich nun auch als Hauptverdächtiger nahezu auf dem Silbertablett präsentiert, aber das wäre ja wohl zu einfach, oder?
Lisa Lerchers Kriminalroman kreist sehr engagiert um die Themen Gewalt, Misshandlung und sexuelle Belästigung, spürt ihnen nach in Liebesbeziehungen, am Arbeitsplatz, in auf den ersten Blick belanglosen Alltagssituationen, und nennt sie doch immer wieder „Schnee von gestern“ – abgedroschen klingt, was keiner hören will. Die Autorin, Erziehungswissenschaftlerin und Fachfrau im Bereich „Gewalt gegen Frauen und Kinder“ hat Sinn für Gesten von Macht und Unterwerfung und weist damit den Figuren präzise ihren Platz in den jeweiligen Szenen zu.
Der letzte Akt ist aber trotzdem in erster Linie ein klassischer Krimi. Täter, Taten, Tote und Motive – alles vorhanden. Und am Ende auch bis ins letzte Detail aufgeklärt. Nichts bleibt offen, alles kommt ans Tageslicht – ist das geheimes Wunschdenken angesichts der Dunkelziffer ungesühnter Grausamkeit in der Familie?
Lösen können den Fall jedenfalls die beiden Freundinnen, die eine als Journalistin ans Recherchieren gewöhnt, die andere, unsere Protagonistin, eine Telefonberaterin, die es versteht, ihren Gesprächspartnern Vertrauen einzuflößen. Und von einer verpatzten Affäre in die andere rutscht, während es längst zwischen ihr und ihrem Arbeitskollegen knistert… der für sie da sein wird, wenns brenzlig wird, denn Detektiv spielen kann gefährlich werden. Besonders wenn man Personen des öffentlichen Lebens bei zwielichtigen Machenschaften ertappt: In einem Sumpf aus Korruption und Menschenhandel haben allenfalls kleine Mädchen ihre Unschuld, neugierige Feministinnen aber gar nichts verloren.
Und am Ende läuft alles glatt, zu glatt vielleicht, ein Happy-End nach einem Plot mit Hand und Fuß. Künstlerische Originalität, stilistischen Eigenwillen wird man hier vergebens suchen, doch gediegenes Handwerk, ein weiterer spannend erzählter Krimi der Reihe „Giftmelange“ des Milena-Verlags, hat schließlich auch seinen Reiz.