Die erste Karriere beginnt im Wien der 20er Jahre. Den jungen Leo zieht es schon früh zum Theater, zum Zirkus, zur Show; der Vater unterstützt die Neigungen des Sohnes, der sich nach und neben einer kaufmännischen Tätigkeit dem Schauspiel verschreibt. Die Ausbildung in Wien setzt er bei Louise Dumont in Düsseldorf erfolgreich fort. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gelingt Leon Askin 1933 die Flucht nach Paris, wo er vor allem politisches Kabarett spielt und inszeniert. 1940 erhält er das ersehnte Affidavit für die USA, nachdem er ein Jahr lang in einem Lager in Frankreich interniert war. Er versucht, an amerikanischen Bühnen Fuß zu fassen: die fremde Sprache erschwert aber eine erfolgreiche Laufbahn. Askin spielt am Theater und in Filmen Rollen mit fremdländischem Akzent und ist als Regisseur an verschiedenen Theatern tätig. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er in der US-Armee freiwillig als Informationsoffizier dient, übernimmt er Rollen und Inszenierungen auch an deutschsprachigen Bühnen. Der große Erfolg im Nachkriegseuropa bleibt ihm in den USA versagt. Popularität erlangt er dort über den Film: Er verkörpert in der Serie „Hogans Heroes“ pikanterweise einen General der Deutschen Wehrmacht. 1993 kehrte er für ein Filmangebot nach Europa zurück, seither lebt er in Wien. Zu seiner Rückkehr – sie ist keine „Heimkehr“, wie der Autor betont – hat ihn die familiäre Situation bewegt. Das Private bleibt hier allerdings, und das gilt für die gesamte Autobiographie, verschleiert. Die Gefühlswelt wird nur angedeutet. Die Frauen im Leben des Leon Askin tauchen zwar auf, mit ihnen verbringt er leidenschaftliche Liebesnächte, aber sie verschwinden dann auch wieder. Über das Schicksal der Eltern, die von den Nazis umgebracht wurden, erfährt der Leser nur sehr wenig, ebenso über den Bruder Dodi, dem das Buch gewidmet ist.
Im Mittelpunkt des Textes steht der Schauspieler Leon Askin, der uns seine Ideenwelt des Theaters auseinandersetzt, Theaterstücke von „Hamlet“ bis „Warten auf Godot“ interpretiert und uns mit den Persönlichkeiten seines Theaterlebens – von Louise Dumont über Erwin Piscator, Billy Wilder bis Alma Mahler-Werfel und Max Reinhardt – bekannt macht. Autobiographien sind immer auch Konstrukte: Der Blick zurück wählt aus und gewichtet. Leon Askin geht es darum, seine Berufung zum Schauspieler in Worte zu fassen, nicht darum, sein privates Leben offenzulegen.
In der Hand halten wir also eine Autobiographie im „klassischen“ Sinn: die Geschichte eines in der Öffentlichkeit stehenden Mannes, seines Werdegangs, seiner Erfolge und Mißerfolge, eingebettet in die historisch-politischen Ereignisse. Wer den humorvollen und berührenden Erzählungen eines feinsinnigen Mannes auf seinen Spuren zwischen zwei Kontinenten, und also auch auf der ständigen Suche, folgen will, dem sei die Autobiographie des Mannes mit den vielen Gesichtern empfohlen.