So schlicht beginnt Julian Schutting seinen Bericht über das Sterben. Das Sterben einer Einzigen, der Einzigen. Er erzählt von einem Prozeß, der am 24. Oktober 1994 mit einer Hiobsbotschaft seinen Anfang nahm, und dessen Aufgabe zu sein scheint, „Kinder“ von der Sterblichkeit der eigenen Mutter zu überzeugen. Ihnen zu zeigen, was körperlicher Verfall und Überlebenskampf bedeutet. Sie damit vertraut zu machen, daß es sie – die Mutter – bald nicht mehr geben wird, nicht mehr zum Anfassen, zum Sehen und zum Reden. Verstorben und begraben.
Dazwischen liegen Tage der Freude und der Hoffnung, der Mühsal und des Selbstbetrugs, penibel festgehalten vom Autor, der sich der Wahrheit verpflichtet fühlt, selbst in den Momenten heftigster Abwehr.
Julian Schutting hat ein einfühlsames, ein schönes Buch über das Sterben einer alten Frau und die Gefühle jener geschrieben, die hilflos dieses Sterben miterleben. In ihm steckt alles, was die Tage bis zum Tod ausgefüllt hat.
Er beschreibt dies mit jener Nähe und Distanz, die es braucht, um sich von den eigenen Gefühlen nicht überwältigen zu lassen. Es bleibt selbst Raum für einen eigenen, durchaus makaber anmutenden Humor, der hier ein Zeichen des Lebens zu sein scheint. Diese Mischung, gekoppelt mit Schuttings erfreulich klarer Sprache, läßt dem Leser die Möglichkeit, ein großes Tabu zu hinterfragen. Denn Schutting hat zweierlei offengelegt: den Tod wie den Tod der Mutter. Beides gilt als Bedrohung, wobei es doch Erfahrung ist.
Eine traurige zwar, aber der Erinnerung wert.