#Lyrik
#Prosa

Eine Lektion in Poesie wird vorbereitet

H. C. Artmann

// Rezension von Susanne Zobl

1961 übersiedelte H. C. Artmann für mehrere Jahre nach Schweden. Die Stationen waren Stockholm, Lund und Malmö, letzteres bereits aus einem seiner ersten Bücher, „das suchen nach dem gestrigen tag oder schnee auf einem heißen brotwecken“ (1964), bekannt. Ein kleines literarisches Teilergebnis dieses Aufenthalts liegt nun in einer wohlfeilen, ansprechenden bibliophil aufbereiteten Ausgabe unter dem Titel Eine Lektion in Poesie wird vorbereitet vor. Gefunden wurden diese bislang unpublizierten Arbeiten bei der damaligen Begleiterin von H. C. Artmann, Barbara Wehr, so teilt es jedenfalls der Verlag mit.

Auf 65 Seiten gibt dieses schön gestaltete Bändchen Tagebuchaufzeichnungen, Arbeitspläne, Prosaskizzen, -texte, Gedichtansätze, -variationen und endlich auch die Gedichte aus dieser Zeit preis. Im ersten Teil, schwedisches Tagebuch, finden sich – wenn auch nicht gerade in übermäßiger Anzahl – Hinweise auf einzelne Arbeiten des Autors und Übersetzers. So etwa am Beginn: „3. 7. 63 Athanasio Kircher: Sphinx mystagoga … ill. Amstelodami 1676
Die illustrationen zu diesem buch Kirchers will ich herausgeben. Die bibliothek zu Lund besitzt ein schönes exemplar. Noch andere werke Kirchers sind hier, so unter anderem die China illustrata u. eine deutsche Übersetzung der Hall & Schallkunst … oder so ähnlich./Fotostatkopior./“ Wünschenswert dazu wäre ein Kommentar, in dem man näheres über Athanasio Kircher und die geplante Herausgeberschaft des Autors findet, zumal zwei Seiten später von „Einem ms. entwurf zu K.’s illustrationen“ die Rede ist, den der Dichter gemacht hat.

Auch zu Artmann als Übersetzer von Carl von Linnés „Lappländischer Reise“ finden sich zwei Hinweise, eine launige Überlegung zu und ein Zitat von Linné in der Artmannschen Übersetzung.
Zudem wird dem Leser auch ein kleiner Einblick in das schwedische Leben von Österreichs faszinierendstem Poeten und Dandy gegeben: „Hoffe, dass morgen geld aus Frankfurt kommt. Bin vollkommen pleite, besitzer einer handvoll 2 öre-stücke. Fananama!“ Wer wissen will, was dieser letzte Ausdruck wohl bedeuten mag, findet die Auflösung am Ende des Buches, wo die schwedischen Ausdrücke und Sätze übersetzt sind.

Neben Privatem, eher Nebensächlichem, wie etwa der Frage nach dem Preis eines Schaukelstuhls, finden sich auch launige amüsant zu lesende Überlegungen: „Gibt es heutzutage noch hommes du monde? Der unterschied zwischen einem homme du monde und dem dandy […] Recht interessante schlüsse. L’homme conservateur. Wie besser ist doch ‚conservateur‘ verglichen mit konservativ! Der dandy am rande des abgrundes.“
Während sich der erste Teil mit derlei begnügt, gewährt der zweite, bretonische miszellen, einen Einblick in die Werkstatt des Dichters. Und daraus stammt auch der Titel des Bandes, Eine Lektion in Poesie wird vorbereitet.

Hier zeigt Artmann, wie durch Variationen, Erweiterungen etc. Gedichte entstehen, dabei wird deutlich, was er am Beginn dieses Abschnitts behauptet: „es geht mir um die kleinen punktuellen Eindrücke, die vereinzelten Momente des Abenteuerlichen, Bizarren“. Dies kann der Leser anhand dieser Dichtungen nachvollziehen, einzelne Stufen können nebeneinander bestehen, ohne einander aufzuheben, was jedoch nur möglich ist, weil der Dichter selbst meint: „Beide Arten der Darstellung, die harmonische wie die unfertige, sind für mich absolut gleichwertig.“

Damit wird dieses schmale Bändchen zur Fundgrube für all jene, die mehr von der Dichtung H. C. Artmanns erfahren möchten.

H. C. Artmann Eine Lektion in Poesi wird vorbereitet
Eintragungen, Notizen, Fragmente.
Graz, Wien: Droschl, 1998.
65 S., brosch.
ISBN 978-3854204909.

 

Rezension vom 02.09.1998

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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