Einige Strategien der Printmedien zur Verbesserung der Akzeptanz des Kulturteils lassen sich deutlich erkennen. Etwa diejenige, den klassischen Kulturbegriff (Literatur, klassische Musik, Malerei etc.) auszuweiten. Heutzutage finden sich – aus Rücksicht auf die jüngere Leserschaft – in den meisten Blättern auch Berichte über Popkonzerte, Fotoausstellungen, Kabarett und ähnliche, früher als minderwertig angesehene Sparten. Die Segmentierung in „E“ und „U“ ist einfach nicht mehr zeitgemäß.
Weiters läßt sich das Phänomen beobachten, die Texte generell zu straffen: Kürzere Artikel werden eher gelesen als lange „Schinken“. „Personalisierung“ der Kultur durch Interviews oder Künstlerporträts schafft Anreize zum Lesen und ist mittlerweile ein vielgenütztes Mittel, die „langweiligere“ Rezension zum umgehen. Außerdem übernehmen immer mehr Zeitungen den Serviceteil der Zeitschriften mit Programmhinweisen, Bestsellerlisten und Platten-Kurzkritiken. Letzteres liegt ganz im Trend, die Zeitung mehr als „Usepaper“ denn als „Usepaper“ zu verwenden. „Dennoch ist festzuhalten, daß von einer Bedrohung des Kulturteils nicht die Rede sein kann. Nur in wenigen Blättern hat die Kultur einen geringen Stellenwert.“ (S.255)
Stegerts Analyse differenziert genau zwischen den einzelnen Publikationen. Die genannten Popularisierungsmethoden wie Straffen oder Personalisieren findet man hauptsächlich bei Wochenzeitungen („Die Woche“), Zeitschriften („Focus“) und gelegentlich bei Regionalzeitungen (Berliner „Tagesspiegel“).
Die großen überregionalen Zeitungen der Bundesrepublik gehen oft einen komplett anderen Weg. Die „Frankfurter Allgemeine“ etwa verzichtet bewußt auf jegliche Modernisierung und bleibt damit der Tradition des Blattes und den spezifischen Erwartungen der Leser verpflichtet. Allerdings werden selbst die renommierten Blätter vom Zeitgeist früher oder später nicht verschont bleiben, so Stegert. Der Autor mahnt die Kulturjournalisten, ihre Vermittlungsaufgabe nicht zu vergessen. Einige Methoden zur Verbesserung der Akzeptanz beim Publikum werden derzeit noch eher wenig genutzt: Fotos sind ein Blickfang in der Zeitung und manchmal zu sparsam eingesetzt; Serviceblöcke (z. B. mit Angaben zu weiteren Vorstellungen bei einer Theaterkritik) am Anfang/Ende eines Beitrages können zum Lesen des ganzen Artikels anregen; Zwischenüberschriften lockern einen langen Artikel auf und erleichtern dem Leser das „Einhaken“ in einen Text; Kulturseiten sollten stilistisch heterogener gestaltet werden, um die häufig anzutreffende Monotonie zu durchbrechen. „Mehr Vielfalt und Abwechslung! Durch die Diversifikation der Themen – von den Kultursparten bis zu den Ereignistypen – und der Beitragsformen läßt sich der Kulturjournalismus sowohl kultur- als auch lesergerechter gestalten.“ (S.265)
Stegert schränkt allerdings ein, daß es in manchen Zeitschriften bereits zu einer Kultur-Fastfood-Berichterstattung gekommen sei. Kennzeichnend dafür nennt er die übertriebene Personalisierung in Form von Interviews und Porträts; hinter der Person bleibe schließlich vom Kunstwerk wenig bis gar nichts übrig. Bedenklich sei außerdem die Dominanz anlaßgebundener Berichterstattung (bei Geburtstagen, Jubiläen etc.), Hintergrundinformation spiele dabei eine geringe Rolle.
Stegerts Buch ist ein informativer Beitrag zur Situation des Kulturbetriebs in den Medien; es erlaubt, wissenschaftlich fundierte Aussagen zu treffen und Entwicklungstendenzen zu erkennen. Der Wermutstropfen: Österreichische Medien wurden dabei leider nicht berücksichtigt. Die heimischen Qualitätszeitungen ließen sich wohl noch am ehesten mit den Regionalzeitungen in Deutschland vergleichen. Auch hierzulande versucht man in den letzten Jahren, die Attraktivität der Kulturseiten mit neuen „Tricks“ zu erhöhen. Um das Sprichwort zu widerlegen: „Feuilleton ist, wenn man trotzdem liest.“