Doch sowohl dieses gut gemeinte Nachwort – „Wenn sich Ihnen ein Sinnzusammenhang nicht erschließen will, keine Sorge, das ist dem Autor, wurde er nach der Produktion zum Leser seiner eigenen Texte, auch schon passiert.“ (S. 166) -, als auch die vorangestellten Sätze im Editorial – „Verlag und Redakteurin sind sich bewußt, daß dieses Buch nicht den Regeln der deutschen Rechtschreibung und Grammatik (weder der ‚alten‘ noch der ’neuen‘) folgt“ – scheinen etwas übertrieben in ihrem vorauseilenden pädagogischen Eifer. Man möchte den Herausgebern zurufen: Hallo aufwachen! Werner Schwab und Elfriede Jelinek werden längst landauf, landab in den Theatern aufgeführt! Trotz unüblicher Rechtschreibung.
Prantls Theatertexte sind zudem formal weniger experimentell und komplex als man erwarten könnte. Sie sind zwar verschachtelt und voller Anspielungen, doch inhaltlich stets einfach auf den Punkt zu bringen. grellschwarz tut dies im Untertitel selbst: I’m actin only dead dramatists! Ein Zwei-Personenstück, das im Herzen ein Monolog ist. Ein Theaterdirektor, Schauspieler und Regisseur in Personalunion, allein mit dem neuen Manuskript eines „JetztZeitDramatikers“. Obwohl er eigentlich keine lebenden Dramatiker aufführt. Als der junge Autor am Schluß erscheint, wird er prompt erschossen. Nun erst kann sich der Theatertyrann seinen Text zu eigen machen.
Der Großteil der Aufführung zeigt ihn bei der Leseprobe, beim Monologisieren über das Stück (Titel: PAPST.Pius.XIII), beim Anspielen einzelner Szenen. Der Text führt einen Egomanen vor, einen eitlen Theatermenschen, der in furioser Wut und mit borniertem Kunstverständnis über alles und jeden herzieht, sich in sexistischen Anspielungen ergeht, der kindisch um die Größe seiner Rolle streitet. Der Theatermacher als Größenwahnsinniger – ein Thema, das wir von Thomas Bernhard kennen. Das Stück im Stück: Der Papst im Todestrakt, er wichst und scheißt, wütet sprachlich gegen seine Konkurrentin, die Päpstin Johanna. Die Sprache ist deftig, grell, „schwanzlastig“ und frauenfeindlich, das Stück ebenso größenwahnsinnig, wirr und plakativ wie die Schimpftiraden des Direktors. Eine Reise in die „HirnScheiße“ zweier Theaterleute.
ZEITGEGEND/(bahnhof) ist weniger rabiat. Drei Personen befinden sich in einem klassischen Wartesaal, einem Bahnhof, und spielen dort Rollen und Zeitebenen durch. Sie warten auf IHN oder ES (den Kaiser, den Führer, den Präsidenten oder auf sonst etwas) und verwandeln sich vom Blockwart, zum Nazi-Architekten Albert Speer, bis zum Staatsbeamten. So die Metamorphosen des Herrn Akim. Sigurd – ebenso wie Akim, eine namentliche Anlehnung an einen Comic-Helden – mutiert zu Otto Wagner, am Schluß zum Anarchisten und Terroristen. Ida, die Hure, bleibt eine Hure, träumt vom der großen Schauspielerkarriere im NS-Staat.
Der Bahnhof als Metapher für Österreich. Eine Reise entlang der prägendsten politischen Stationen: Monarchie, NS-Staat, Briefbombenterror. Warten und Nichtstun als Grundstimmung. Prantl nimmt deutlich Anleihen bei Beckett, wirft wie Sartre drei Menschen in den Kampfring.
Prantls beide Theatertexte sind sprachverliebt, sprachwütig und handlungsmäßig eher statisch. Die Grundthesen seiner Texte kommen nicht über Binsenweisheiten hinaus, diese aber werden breit aufgefächert. Die Sprache allein schraubt sich weiter vorwärts. Dadurch aber treten die Stücke mitunter recht langatmig auf der Stelle. Man weiß schon, wo der Text hin will, ist aber noch lange nicht dort.