Kinsky, der einstige Schulabbrecher, der Hochstapler und unerschütterliche Optimist, ist daran gewöhnt, mit hohem Einsatz zu spielen und gelegentlich Tiefschläge einzustecken. Im Lauf seiner schillernden Karriere hat er die Schwächen der großen und kleinen Leute kennen und gesellschaftliche Mechanismen zu durchschauen gelernt. Zynisch kommt es dem im Börsenjargon geübten Exbroker daher über die Lippen, wenn er die ökonomische Logik kommentiert: „Wenn es der Welt schlechtgeht, geht es dem Markt gut.“
In dieser autobiografischen Fiktion beichtet der sowohl körperlich als auch geistig angeschlagene Protagonist seine jugendlichen Exzesse und Verfehlungen. Dabei wirkt der Schwadroneur bisweilen so cool, dass wir uns ins Drehbuch einer Seifenoper versetzt fühlen.
Kinsky erweist sich indes als geborener Aufsteiger. Seine blaublütige Abkunft prädestiniert ihn für große Taten und verleiht ihm zudem das Charisma des Siegers, der noch stürzend triumphiert. So lautet denn auch das Motto des Romans treffend: „Wenn wir wirklich fallen, fehlt es uns an nichts.“
Der gräfliche Protagonist zählt sich eben zur Oberliga. Dazu bedarf es weder besonderer Intelligenz noch großer Begabung, sondern jener Entschlossenheit, mit der er sich Widrigkeiten stellt und sie beseitigt. Berechnend, zynisch und illusionslos behauptet er sich auf seinem gefährlichen Platz inmitten von mysteriösen Auftraggebern und Spitzeln, indem er sich und den Lesern versichert: „Ich bin nicht ausgebrannt. Ich fahre in hohem Tempo. Ich bin noch lange nicht am Ziel.“
Aber letztlich sind diese ominösen Figuren nur Staffage. Ebenso wie seine Freundin Valerija, die teilnahmslos wie eine Schaufensterpuppe der Erzählung beiwohnt. Der in einer Endlosschleife gefangene Ich-Erzähler ist viel zu sehr auf sich fixiert, um andere wahrzunehmen. In einem bisweilen ermüdenden Monolog entwirft der Autor das Porträt eines unverwüstlichen Egozentrikers, dem es zwar nicht an Eigenschaften, wohl aber an Tiefe fehlt, um eine überzeugende Figur abzugeben.
Etwas, was zwischen den Zeilen zu lesen wäre, sucht man in der flott erzählten Geschichte vergeblich. Kinsky scheint zu transparent, zu berechenbar – selbst in seinen sentimentalen Tagträumen – eine glitzernde Oberfläche, die jeglicher Rätselhaftigkeit entbehrt. Die Tragik dieses Kinsky besteht letztlich darin, dass er uns trotz seiner abenteuerlichen Existenz im Grunde wenig zu sagen hat.