Das Werk enthält unterschiedliche Gedichte und Gedichtformen, die meisten sind sehr kurz: zwei bis vier gereimte Verse. Lediglich im Anhang befinden sich Lieder mit mehreren Strophen. Inhaltlich reicht die Palette von banal-humorvollen bis zu raffiniert-ironischen Texten. Gleich im ersten Kapitel „Im Fell“ werden Alltägliches, Zugfahrten oder Adventverse vorgestellt. Kostprobe: „Venezia, venezia / Bin mit bettina da / hurraah“. Doch so banal bleibt es nicht. Im Gedicht „Alltag“ etwa zählt Eibel-Erzberg schlagzeilenartig Ereignisse aus der Finanzwelt auf und konterkariert diese mit dem pointierten Schluss „Und marlene will ein lamm / Hamm hamm“ (21).
In komprimierter Form stellt sich die Frage, ob wir gegen Ungerechtigkeiten bereits immun sind? Wir den Enkeln eine heile Zukunft vorgaukeln? Überlassen wir den Kindern eine gesellschaftlich gespaltene und verschmutzte Welt? Mit solchen und ähnlichen Fragen konfrontiert uns Erzberg – zu Recht! In diesem ersten Kapitel gefällt mir am besten die „Eisenbahnfahrt nach venedig im eduard angeli weltexpress“, bei der der Schaffner Gedichte von Erich Fried und Franz Josef Czernin verteilt oder ein Passagier sich Ernst Jandls „schtzngrbn“ (in der Schreibweise von Erzberg) wie Koks durch die Nasenlöcher reinzieht. Dieser Text ist tiefgründig amüsant, die anschließende Pointe treffend und politisch zugleich.
Politisch ist der Steirer Erzberg vor allem im darauffolgendem Kapitel „Im Oasch“. Er kommentiert lobenderweise neben der Bankenkrise auch Umweltkatastrophen wie den GAU in Fukushima und die Ölkatastrophe von BP im Golf von Mexiko. Auch prangert er beispielsweise die deutsche Bundesregierung wegen ihres neoliberalen Lobbyismus an. Natürlich schwanken auch diese Gedichte von bitter-ironisch bis pointiert-sarkastisch. Hervorzuheben sind: „Spätfrühjahr 2010 schwere wirtschaftskrise“, „31. mai 2010“ (BP-Ölkatastrophe) oder „20. märz 2011“ (Fukushima).
In der Abteilung „Für den Schwanz“ geht es – wir vermuten es – sehr vulgär und derb zu. Schwanz und Fut werden gelobt und verballhornt, Rhythmus und Reim sind dabei heiter, so dass immer ein leichtes Lächeln übrig bleibt.
Im letzten Kapitel „Aus dem Eck“ sind Verse aus verschiedenen anderen Lebensbereichen zusammengefasst: etwa Gesundheit oder Vergänglichkeit, auch hier in Erzbergs ganz eigenem humorvollen Stil.
Das Besondere jedoch an diesem Band ist die typografische Ausgestaltung. Für jedes Gedicht gibt es einen eigenen Hintergrund in der Kombination schwarz, weiß und grün. Manchmal werden Buchstaben durcheinandergewirbelt, mal Fäden oder Linien durch das Blatt gezogen, auch mal begleitend illustrierend, wie etwa das radioaktive Warnzeichen. Die Grafiken sind nicht nur Beiwerk, vielmehr präsentiert der Autor hier eine beeindruckende Kombination zweier Kunstarten.
Fazit: Der im Jahr 1953 geborene Erzberg oszilliert in Licht aus zwischen Neuer Frankfurter Schule um Robert Gernhardt und den Satirikern Franzobel und Günter Eichberger. Auch wenn einige Gedichte auf Teufel-komm-raus-Pointen bestehen, so gibt es doch etliche Verse, die humorvoll, einfallsreich und klug sind. Ein treffliches Geschenk – gerade jetzt zu Weihnachten!