Dieses Unterordnen ist vielleicht die offensichtlichste Botschaft der Gedichte, für die Rezeption kommt zuerst das Bild und dann erst das Gedicht. So lassen sich die Texte auch wie lyrische Schildchen zu Bildern lesen, die als Empfindungspunkte angeheftet sind.
Für sich genommen, wirken die Gedichte wie „Einkaufszettel der Seele“, in knappen Formulierungen werden Stimmungen notiert, die man für die nächste Zeit um keinen Preis vergessen möchte.
Die Gedichte-Bilder bleiben dabei oft als handfeste Bilder erhalten, etwa wenn die Tragfähigkeit des Karabiners der Tragfähigkeit der Liebe gleichgesetzt wird oder die Dehnung des Gummibandes die Liebe zum Bungee-Jumpen bringt. Die meisten Gedichte sind noch dazu mit einem finalen Punkt ausgestattet, der den Eindruck einer kurzen lyrischen Begebenheit fix macht.
Manche Gedichte halten einen Augenblick eingeschweißt in die Gedichtform, damit dieser Augenblick später einmal auftauen kann zu einer anderen Erlebnisform.
Helmut Kurz Goldensteins Zeichnungen scheinen manchmal mit einem Federstrich ihren Ausgangspunkt vom Gedicht zu nehmen, aber dann entfaltet sich sofort jener Kosmos von Schraffuren, worin die Licht- und Schattseiten des Lebens Strich für Strich miteinander ringen. Das Rückgrat der gequälten Person wird zu einem Lehne-Fragment eines Stuhls, in einer Mauerritze wetteifern die Geliebten um die Aussicht auf die Welt und in den Umarmungen verließen die Gliedmaßen, daß nur mehr die gemeinsame Haut gegenüber der harten Außenwelt übrig bleibt.
„Herbst / streicht / über meine Kammern / Herz Eis / Blumen ovale / glimmt müde / der Frühling“ (S. 47). In der gegenübergesetzten Zeichnung verklumpt eine frierende Person zu einer Vase, das Fensterkreuz hat sich hinter Karfreitag hinausgeschoben, das Tischtuch ist in viele Kruzifixe zersplittert.
Immer wieder spornen gerade die kargsten Formen den Leser zum größten Eindruck an.