So beginnt, kurz skizziert, Mord vor der Klagemauer, der neue Roman des produktiven Gerald Szyszkowitz. Natürlich muß der Tod des Nachrichtenmannes trotzdem aufgeklärt werden. Also erfindet der Autor eine zähe Spürnase, Nadja Assad, Berufskollegin und Ari Schwartz‘ ein wenig wehmütig platonische Freundin. Sie soll und wird den Fall lösen. Der Roman mit Krimihandlung und Krimispannung entwickelt sich rasch. Allerlei Motive tauchen auf, private, aber vor allem religiöse und politische. Niemand hat ein Alibi; alle geraten sie ins Fadenkreuz.
Gerald Szyszkowitz hat sich eine besondere Kulisse für seinen Mordfall ausgesucht. Ari Schwartz haucht sein Leben nicht irgendwo aus – er stirbt in Jerusalem vor der Klagemauer, Gott zum Trotz. Der Schauplatz, die religiösen und politischen Unruhen in Israel sind für Mord vor der Klagemauer von entscheidender Bedeutung, da dem Autor eine nur schwache Charakterisierung seiner Figuren gelingt. Gerade Nadja Assad ist im Vergleich zu den Klassikern unter den Schnüfflern eine blasse Figur. Sie ist attraktiv, immerhin. Ihre Lebenshaltung ist auch politisch korrekt; sie steht für Versöhnung statt Haß, hat damit sicher recht, aber das Rechte wirkt in der Literatur oft, wie auch hier, ein wenig langweilig.
So kreisen die Spannungselemente um die farbigeren Elemente in Szyszkowitz‘ Roman, wie den ultra-orthodoxen Studenten Sami Adany, einen sendungsbewußten Fanatiker, die transsexuelle Sängerin Dinah Benares, das zweite Mordopfer, oder Grit Margalit vom Büro der Auslandskorrespondenten in Tel Aviv, deren erotisches Leben sich ziemlich kompliziert gestaltet, hatte sie doch neben ihrer Liaison mit dem CNN-Reporter auch ein Verhältnis mit Sami Adany; außerdem wird viel über ein konspiratives Treffen zwischen Vertretern des isalmischen Dschihad und der palästinensischen Hamas in Gaza gemunkelt, bei dem Ari Schwartz zugegen war; religiöser Fanatismus verdichtet sich mehr und mehr zum Tatmotiv.
Mord vor der Klagemauer ist unkomplizierter Lesestoff; das Buch bietet gute solide Unterhaltung. Gelegentlich schlich sich beim Lesen zwar der Gedanke ein, was wohl Philip Marlowe aus dem Fall gemacht hätte; aber ein derartiges Gedankspiel ist schließlich müßig. Gerald Szyszkowitz erzählt seinen Kriminialroman jedenfalls routiniert und spannend. Der Handlungsbogen neigt sich zum dramaturgisch richtigen Zeitpunkt seinem Ende zu, Szyszkowitz findet in der Zielgeraden den Täter. Und der Name des Mörders ist …
überraschend, aber nicht unlogisch.