Herausgekommen ist dabei ein buntes, vergnüglich zu lesendes Florilegium, das vom Märchen bis zum Listengedicht reicht. Der Zugang, technische Fehler als Helfer zu nutzen, lässt das Ooleslef-Projekt auch als gelungene Low-Tech-Antwort auf das Ausgeliefertsein an die High-Tech-Welt erscheinen. Damit steht es auch in einer guten ästhetischen Tradition: Spätestens seit Marcel Duchamp sind Zufälle und seit Kurt Schwitters Fehldrucke programmatisch eingesetzte Gestaltungsmittel, die ein kritisches Licht auf die Maschinenwelt werfen und damit das Subjekt in der Mensch-Maschine-Interaktion wenn nicht retten, so doch zumindest als solches zu erkennen geben. Gerade in der heutigen gleichermaßen informationsüberfluteten wie informationsverebbten Computerwelt ist das Wechselspiel zwischen Technik, die Sprache reflektiert und Sprache, die Technik reflektiert, ein wichtiges Ausdrucksmittel der konzeptuellen und transmedialen Kunst. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf Arbeiten von Jörg Piringer, die durch seine eigene Programmierung poetische Räume erschließen, die oft auch interaktiv betreten werden können, beispielsweise in „nam shub web“, bei dem ein Computerprogramm von BenutzerInnen zusammengestellte Arrangements von Webseiten neu interpretiert und ausdruckt, wodurch sich der Galerieraum nach und nach mit Ausdrucken füllt.
Bei Irene Wondratsch erfolgt die Interaktion durch konventionell schriftstellerisches Schreiben und auch dies bringt reizvolle Ergebnisse zutage: Wenn etwa Textkorrosionen, die gerade noch „Rücken“, „Herzklopfen“ und „Löwenzahn“ erkennen lassen (15) in eine Hänschen-klein-Geschichte umgesetzt werden, die das Hänschen in die Ortschaft „Tausendblum“ zur „Gänseliesl“ führt oder ein Fleck, den Zeilenineinanderschiebungen erzeugten, zum Ausgangspunkt von poetischen Reflexionen genommen wird (26/27) oder das muntere Kreuz und Quer der ausgedruckten Zeilen zu einem sozialkritischen Portrait der nach 30 Dienstjahren als Schuhverkäuferin gekündigten Frau Zouhax ausformuliert wird (80 ff.). Und zum Schluss löst sich das Druckuniversum in zahllose dunkle Nullen auf, aus denen die Einsen schimmern: „Am Ende sind alle gleich: Die Ortruns und Ottos, die Olgas und Olafs“ (110).
Ooleslef – ein Buch voller Witz und Esprit, zum Lachen und Betrachten, zum Nachdenken und Entdecken, und der Drucker summt dazu!