Dieser große österreichische Avantgardist, im Übrigen einer unserer wenigen, ist nicht nur imstande, seine Sprache aufzuschichten, sondern auch die anderer. Bewusst anklingen lässt er in seinem neuen lyrischen Triptychon, selbstverständlich dezent und völlig poetisch-autonom, Hölderlin, natürlich Jandl, Mörike – und nach meiner Konstatierung eben Celan.
Mit dem Hypertext ist ein Werk gemeint, das durch Veränderung aus einem anderen, dem Hypotext, hervorgeht oder sich auf diesen bezieht. Die Modifikation kann eine Parodie, eine Paraphrase, eine Imitation oder eine andere Form sein. Die Hypertextualität wird nach Gérard Genette als Literatur auf zweiter Stufe bezeichnet, die im Akt des Schreibens oder Lesens entworfen wird. Und der Germanist Ferdinand Schmatz weiß auch, wie das funktioniert, und zwar nicht nur in der Theorie, sondern auch in der poetischen Praxis. In seinen quellen fließt und klingt und rauscht alles. In seinem Triptychon betritt er ein Boot aus Worten (nicht Wörtern), das die Donau von den Quellen bis zur Mündung … hinabgleitet. Den Blick richtet er beim Fahren auf die Ufer, an denen sich Natur und Zivilisation, Garten und Stadt gegenüberstehen.
Im Rauschen des Flusses, im Palast der Sprache klingt das Echo der Welt, der Musik und – wie gesagt – der Literatur an, jener Quellen, die der Dichter aufgreift und in seiner Lyrik aufblühen und aufquellen lässt.
Er ist ein Dichter, dem schrille Farben und Töne fremd sind. Seine Lyrik ist hier nicht jene der Sonne, sondern die der Quellen und des Wassers und damit noch immer eine Lyrik der Helligkeit – und Klarheit. Das Fließende und das Seiende sind nebeneinander: „verflochten zum meer/ die null/ aller erststunden spur/ zeiger lose im sand“ (S. 63).
Die Gedichte sind nichts anderes als die pure Lust an der Sprache: „du/ wagtest/ das gesagte,/ aber bevor es sang,/ sank ich da ganz arm/ entsprungen der schulter mit,/ die ich nicht war, aber das haar,/ ja, das haar im wind,/ stunde des moments/ stille kind alles/ gerinnt“ (S. 125).
Wendelin Schmidt-Dengler hat gemeint, Schmatz sei „sensibel und nicht gefühlsduselig“, er sei „witzig und nicht spaßig, genau und nicht spröde, rätselhaft und nicht unklar, subjektiv und nicht diffus, formbewusst und nicht formalistisch“, was wie ein letztinstanzlicher Spruch stehen bleiben soll.
Nur eines noch: Es ist – nach den heutigen Zeitläuften – keineswegs selbstverständlich, dass ein Gedichtband erstens ansehnlich und zweitens in gebundener Ausführung, mit Qualität also, herauskommen kann, obwohl beides für die Literatur eigentlich unabdingbar ist. Vor allem für gute. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass sich Buchdruckqualität und Dichtkunst in den quellen gleichsam die Hände reichen.