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Quoten Killer

Clemens Stadlbauer

// Rezension von Peter Landerl

Quoten Killer, der erste Kriminalroman von Clemens Stadlbauer, der als Journalist bei Ö3 arbeitet, beginnt furios. Tommy König, Moderator bei der „Hitstation Number One“, wird während seiner Sendung im Studio ermordet. Schnell drängt sich ein Verdächtiger auf: Richard Launig, ein Ungustl sondergleichen, moderiert (als Nachfolger von Ö3-Wecker-Star Hary Raithofer, der mittlerweile als Golfprofi unterwegs ist) bei der „Hitstation“ die „Morning Show“, die wichtigste Sendung des Tages. Jonas Hellwig, allmächtiger Programmchef des Senders, hat aber vor, Richard Launig durch den jungen, beliebten Tommy zu ersetzen, was jenem natürlich überhaupt nicht passt. Kommissar Czermak merkt schnell, dass er bei seinen Ermittlungen in eine Schlangengrube geraten ist. Die Konkurrenz ist hart, Intrigen und Mobbing sind weit verbreitet. Niveau ist den Moderatoren ein Fremdwort.

Zunehmend verlagert sich die Handlung vom Wiener Sender nach Süditalien. Was hat Tommy im Urlaub dort gemacht? Freddy, bester Freund von Tommy und wagemutiger Journalist, macht sich auf den Weg nach Italien, um das Rätsel zu lösen. Offenbar war Tommy wegen eines in seinem Besitz befindlichen Tonbandes umgebracht worden. So weit der Haupthandlungsstrang.

Es stimmt aber einiges nicht in diesem Buch. Die Handlung zerfasert wegen zu vieler (überflüssiger?) Nebenhandlungen. Der Inspektor wird lang und breit in die Handlung eingeführt, taucht aber erst am Ende plötzlich wieder auf. Freddy rettet ein kleines Kind aus dem Meer, verliebt sich dabei sofort in die Mutter des Kindes, von der sich herausstellt, dass sie Kunsthändlerin und Bordellbesitzerin (!) ist. Ein Mann bringt auf brutalste Art und Weise seine Frau (mit der er zwanzig Jahre lang glücklich verheiratet war) um, weil sie ihn betrogen hat. Da ist zu vieles unplausibel, wirken die Handlungsstränge plump zusammengestoppelt.

Weil sich der Erzähler zu oft in nebensächlichen Ereignissen verliert und plaudert, wo wenige Sätze genügt hätten, will die Spannung nicht so recht aufkommen. Zu viele Nebenhandlungen lenken vom eigentlichen Geschehen ab, sodass man immer versucht ist, einige Seiten nach vor zu blättern. Auch die Morde summieren sich schließlich zu einer erklecklichen Anzahl: Jemand wird vor eine U-Bahn gestürzt, ein kleiner Drogendealer im Taxi erstochen, eine Frau vergewaltigt und verstümmelt, ein Mafioso von Piranhas aufgefressen und schließlich ein Bösewicht mit einem Schwertfisch aufgespießt – das ist ziemlich viel für nur ein Buch.

Die Figuren sind auf der lässigen Schiene unterwegs, hängen im Volksgarten oder in sonstigen In-Lokalen ab, fahren schöne, teure Autos, schlafen nicht viel, dafür vögeln sie umso mehr. Klischee um Klischee wird durchgespielt. Hier nur ein Beispiel von vielen: „‚Bei den Einheimischen in Sizilien war er voll akzeptiert, sie waren beeindruckt, wie perfekt er ihre Sprache konnte‘, erinnerte sich Lisa wehmütig. ‚Sogar die gegenüber Fremden sonst so misstrauischen Fischer mochten ihn und haben ihn in ihre Gemeinschaft integriert. Wenn sie abends in der kleinen Bar am Hafen gesessen sind und bei einem Glas Rotwein den Tag ausklingen haben lassen, dann hätte man meinen können, Tommy gehört seit Geburt an zu ihnen.'“

Es stören aber auch so anbiedernde Formulierungen wie: „Bevor er das Theater an der Wien betreten würde, um sich dort Elisabeth oder irgendeinen anderen Schmarren zu geben, würde er lieber freiwillig einem Schauprozess der Taliban in Kandahar beiwohnen.“ Manche Formulierungen geraten recht derb: Da wird eine Frau mit einem Schwengel von hinten angebohrt, eine heißblütige Bolivianerin spielt virtuos auf der Panflöte eines Fitnesswunders. Das Buch ist voller Arschlöcher, Scheißkerle, Wichser, Kotzbrocken, Schlampen. Das kann man natürlich so schreiben – man muss aber nicht. Außerdem gehen einem irgendwann einmal die nimmermüden wie-Vergleiche auf die Nerven: Brechende Knochen hören sich wie knisterndes Kaminfeuer an, man ist durstig wie ein Elch usw.

Einmal bedauert der Journalist Freddy während einer langen Bahnfahrt, „den neuen Stephen King, tausend Seiten fett und vom ersten Kapitel weg Mörder spannend“, zu Hause vergessen zu haben. Mir ist es bei der Lektüre von Quoten Killer ähnlich ergangen wie Freddy im Zug: Ich habe Spannung und Unterhaltung schmerzlich vermisst.

Trotzdem wird der Krimi zu seinen Lesern, die das Buch begeistert konsumieren werden, kommen – dafür wird unser Hitradio mit seiner Millionenreichweite schon sorgen. Allerdings werden es nicht die Leser sein, welche ihr Vergnügen an Krimis von – um österreichische Beispiele zu nennen – Benvenuti, Komarek, Kneifl oder Haas haben, sondern jene, die auch den trivialeren Varianten des Genres Kriminalroman nicht abgeneigt sind.

Clemens Stadlbauer Quoten Killer.
Kriminalroman.
Innsbruck: Haymon, 2003.
319 Seiten, gebunden.
ISBN 3-85218-435-5.

Rezension vom 02.10.2003

Originalbeitrag. Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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